Totalausfall der Aufsicht
Nach der britischen Immobilienfondskrise nach dem Brexit-Referendum 2016 war klar: Anlegern vorzugaukeln, täglich ihr Geld zurückerhalten zu können, obwohl der Verkauf der damit erworbenen Gewerbeimmobilien drei bis sechs Monate in Anspruch nehmen kann, ist keine gute Idee. Der Aufsicht war das Problem zwar bekannt. Zum Handeln sah sie sich gleichwohl nicht genötigt. Der befürchtete Immobiliencrash blieb aus. Stattdessen gingen die Preise weiter nach oben, das Nullzinsumfeld war intakt geblieben. Die Lage beruhigte sich schnell wieder. Zum Ausgang hatten damals vor allem Kleinanleger gedrängt. Offenbar hatten sie die mitunter apokalyptischen Warnungen vor dem EU-Austritt für bare Münze genommen. Auch die Pandemie sorgte 2020 für Unruhe am Markt.
An dem Missverhältnis zwischen illiquiden Anlagen und liquiden Produkten, das bereits in der Finanzkrise zutage getreten war, änderte sich jedoch nicht viel. Das ging lange gut. Doch während in der Londoner City immer neue Wolkenkratzer geplant wurden, begannen die Zinsen zu steigen. Nach dem von der glücklosen Premierministerin Liz Truss und ihrem Schatzkanzler Kwasi Kwarteng Ende September vorgestellten Wachstumshaushalt schossen die Renditen britischer Staatsanleihen nach oben. Pensionsfonds, die auf gehebelte LDI-Strategien (Liquidity-Driven Investment) gesetzt hatten, gerieten dadurch in Bedrängnis und warfen alles aus dem Portfolio, was sich schnell zu Geld machen ließ. Zudem kamen die Gewerbeimmobilienpreise durch steigende Zinsen und Rezessionsängste unter Druck.
Manager von Immobilienfonds wie Columbia Threadneedle und Schroders waren gezwungen, Restriktionen für die Anteilsrückgabe einzuführen, um Notverkäufe zu vermeiden. Zuletzt setzte Blackrock die Rücknahme für den UK Property Fund aus – ein Produkt für institutionelle Anleger. Bei M&G bleiben Rücknahmen für den Secured Property Income Fund ausgesetzt. Dieses Mal waren es vermeintliche Investmentprofis, die aussteigen wollten. Die gegen die Wand gefahrenen LDI-Strategien hatten vielen Pensionsfonds erst ermöglicht, Geld in riskantere, aber renditeträchtigere Anlagen wie Private Equity oder Immobilien zu stecken.
Die britische Aufsicht hat gleich in doppelter Hinsicht versagt. Zum einen ermöglichte sie den Altersvorsorgeanbietern solche riskanten Wetten. Vermutlich wurde sie von deren Umfang überrascht, aber das ist keine Entschuldigung für ihre Untätigkeit. Zum anderen hat sie immer noch keine vernünftigen Rahmenbedingungen für den Umgang mit vergleichsweise liquiden Anlageprodukten geschaffen, in denen illiquide Assets gebündelt sind.