„Wer investiert, sollte Steuern sparen“
Von Heidi Rohde, Frankfurt
Die Deutsche Telekom will ihre Ausgaben für Glasfaser weiter steigern und setzt dabei primär auf die Finanzierung aus Eigenmitteln. Deutschland-Vorstand Srini Gopalan hebt im Gespräch mit der Börsen-Zeitung die steigende Profitabilität der wichtigsten Konzernsparte nach den USA hervor. „Im Jahr 2020 hatten wir einen Zuwachs des operativen Ergebnisses um 1,7%. Über die zurückliegenden 7 Quartale hatten wir ein Ergebnisplus von durchschnittlich 3,4%. Das eröffnet uns Spielräume“, so der Manager, der die Geschäfte im Heimatmarkt der Telekom seit November 2020 führt. Gopalan geht von einer weiter dynamischen Ergebnisentwicklung aus, die die geltende Prognose von durchschnittlich 2,5% bis 3% Plus p.a. bis 2024 überholt.
Allerdings hat der Konzern für seine Investitionen in Deutschland, die zuletzt bei rund 6 Mrd. Euro im Jahr lagen, auch wenig Alternativen, denn: Ein deutlicher Schuldenabbau gehört ebenfalls zu den strategischen Zielen bis 2024, und die Telekom steht dabei bei den Ratingagenturen im Wort. Eine weitere Fremdverschuldung für den Netzausbau hierzulande verbietet sich daher. Auch über die beiden bestehenden Joint Ventures mit EWE-Tel und dem australischen Infrastrukturfonds IFM hinaus strebt Gopalan derzeit keine weiteren in dieser Weise strukturierten Kooperationen an. „Wir setzen nun primär auf die Zusammenarbeit mit Kommunen und Stadtnetzbetreibern“, betont der Manager.
Der Telekom-Vorstand möchte jedoch nach Möglichkeit eine weitere Finanzierungsquelle auftun. „Wer investiert, sollte Steuern sparen“, erklärt Gopalan und verweist auf entsprechende Modelle in Großbritannien, wo der Staat für Glasfaserinvestitionen je nach Größenordnung eine gestaffelte Steuerersparnis gewährt, die über drei bis vier Jahre gewährt wird. Die Telekom hat dazu Gespräche mit der Bundesregierung aufgenommen, wie der Deutschlandchef erklärt. „Unsere Digitalstrategie ist gut, aber jetzt müssen wir sie umsetzen, und dazu brauchen wir Unterstützung: bei den Genehmigungen, bei den Bauvorschriften und auch steuerlich“, fordert der Manager. Vor allem „müssen wir auch über die Steigerung der Ausbaukosten reden. Die beträgt regional bis zu 20%“. Die Telekom könne mit steuerlicher Unterstützung beim Ausbau noch schneller werden. Denn – im Gegensatz zum Netz-Newcomer 1&1, der letztens seine Ausbauziele für das geplante eigene 5G-Netz verschieben musste, trifft ein Komponentenmangel die Telekom nach den Worten von Gopalan dabei bisher kaum: „Wir haben seit Oktober 2021 schon 1700 neue Standorte ausgebaut“, betonte er. Auch an Glasfaser gebe es keinen Mangel, der dem Ausbau entgegenstehe.
OTT-Player sollen zahlen
Allerdings hofft Gopalan, dass auch von anderer Stelle endlich ein Beitrag zu den Netzinvestitionen kommt. „Warum sollen nur die Netzbetreiber Geld in die Infrastruktur stecken, wo Dritte mit ihrem Content 70% oder 80% des Datenverkehrs auf den Netzen verursachen, hohe Gewinne einfahren und sich nicht an den Kosten beteiligen? Für Europa wäre eine Kostenbeteiligung gut.“ Der Streit mit den sogenannten OTT-Anbietern wie Google, Netflix oder Amazon Prime besteht indes seit Jahren, ohne dass es Bewegung in der Sache gibt. Der Telekom und der gesamten Branche fehlt ein echtes Druckmittel gegen die OTT-Player, deren Contentprodukte bei den Kunden sehr gefragt sind, so dass man sie nicht einfach blockieren kann. „Wir hatten sehr positive Gespräche mit der EU, die unsere Argumente nachvollzieht. Nun müssen wir sehen, was die Politik unternimmt.“
Geholfen hat der Gesetzgeber der Telekom nach zähem Ringen beim Zugang zur Wohnungswirtschaft. Größere Liegenschaften sind beim Glasfaserausbau besonders interessant, weil der Anschluss einer Vielzahl von Teilnehmern deutlich rentierlicher ist als bei Einzelhäusern. Allerdings räumt Gopalan ein, dass es „mit den großen Wohnungsgesellschaften teilweise noch Herausforderungen gibt. Wir sind Partner der Wohnungswirtschaften und sprechen mit allen.“
Zugute komme der Telekom die steigende Nachfrage der Kunden nach Glasfaser, die auch den Druck auf die Hauseigentümer erhöhe. Verhandelt werde derzeit aber auch mit größeren Playern im Markt, auch mit dem Platzhirsch Vonovia. Dazu will der Manager aber keine Details nennen. Die Telekom hat sich beim Glasfaserausbau wiederholt für „Open Access“, also den diskriminierungsfreien Zugang von anderen Service-Providern auf ihrer Infrastruktur ausgesprochen und möchte auch selbst die Netze anderer nutzen. Allerdings spricht sich Gopalan dennoch ausdrücklich für den „Überbau“ von Fremdnetzen aus. „Ich verstehe nicht genau, was Überbau eigentlich bedeuten soll oder dessen Verbot. Darf dann niemand mehr bauen, wo schon ein Netz liegt? Das halte ich für falsch. So entstehen regionale Monopole. Ich bin für Infrastrukturwettbewerb, dieser ist politisch gewollt und davon profitieren Kunden. Wir sollten die Glasfaser ins, aber die Kirche im Dorf lassen. Denn nur bei einem Bruchteil unseres gesamten Ausbaus geht es um parallele Infrastruktur.“
Dieser hat in Deutschland bei Glasfaser inzwischen zugenommen. Neben größeren Konkurrenten wie Deutsche Glasfaser, die auch deutschlandweit unterwegs ist und vor allem im ländlichen Raum ausbauen will, gibt es auch eine Reihe kleinerer lokal orientierter Gesellschaften. Eine Konsolidierung der Branche zeichnet sich derzeit noch nicht ab, Gopalan betont: „Noch ist es zu früh, um darüber nachzudenken, dass wir kleinere Gesellschaften übernehmen. Grundsätzlich sind wir, wie andere, für alles offen.“