Zeiss Meditec wappnet sich für Lockdowns in China
hek Frankfurt
Ein starkes Schlussquartal und ein verhaltener Ausblick auf das erste Viertel des neuen Geschäftsjahres – mit diesen gegenläufigen Entwicklungen verunsichert Carl Zeiss Meditec die Investoren. Wobei beide Sachverhalte zusammenhängen. Als Konsequenz aus den Lockdowns in China hat der Medizintechnikkonzern nämlich seit Frühjahr zusätzliche Verbrauchsmaterialien in den chinesischen Vertriebskanal eingespeist. Damit will das Management neuerliche Lieferunterbrechungen verhindern. Den Bestandsaufbau veranschlagt das Unternehmen auf einen mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Betrag.
Gegenteilige Effekte
Die Aufstockung schlägt sich in Umsatz und Ergebnis nieder, weil die Vertriebsgesellschaft im Reich der Mitte nicht Zeiss Meditec gehört, sondern der Muttergesellschaft, dem Stiftungskonzern Zeiss. In der Zeit von Oktober bis Dezember, dem ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres, komme der gegenteilige Effekt zum Tragen, erläutert Finanzvorstand Justus Felix Wehmer im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Außerdem rechnet der Konzern mit steigenden operativen Kosten und Beeinträchtigungen durch Lockdowns in China. Deshalb werde die Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern (Ebit-Marge) „deutlich“ hinter dem Wert des Vorjahresquartals zurückbleiben. Die Größenordnung des Renditerückgangs veranschlagt Vorstandschef Markus Weber auf einige hundert Basispunkte. Keinesfalls sei zu befürchten, dass die Marge in den einstelligen Bereich absacken könnte.
„Von Pessimismus sind wir weit entfernt“, versichert Weber. „Wir sind mit starkem Orderbuch in das laufende Quartal gestartet.“ Allerdings hat der hohe Auftragsbestand auch eine Kehrseite: Es handelt sich um Orders zu alten Preisen. Das setzt die Margen unter Druck, da sich auf der Kostenseite die hohen Inflationsraten niederschlagen.
Für das Gesamtjahr erwartet das auf Augenlaser und -linsen sowie Geräte für die Mikrochirurgie spezialisierte Unternehmen eine Umsatzausweitung mindestens in Höhe des Marktwachstums und 19 bis 21% Ebit-Marge. Kostensteigerungen aus Personalaufbau, Gehaltssteigerungen und gestörten Lieferketten könnten zusätzliche Belastungen hervorrufen, teilt das Unternehmen weiter mit.
Der Renditeausblick entspricht der Guidance für das abgelaufene Geschäftsjahr. Erreicht wurden schließlich 20,9%. Der Ausblick sei wie üblich vage, kommentieren Analysten. Die Aussagen zum Wachstum seien „übertrieben konservativ“, meint die Bank UBS.
Mittelfristig peilt Zeiss Meditec weiterhin Ebit-Margen „nachhaltig oberhalb von 20%“ an. Dazu trügen steigende Anteile wiederkehrender Umsätze bei, die traditionell margenstark sind. Auf der Gegenseite kämen hohe Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie für Vertrieb und Marketing zum Tragen.
Lockerung ist „ermutigend“
Die angekündigte Lockerung der Null-Covid-Politik in China bezeichnet Weber als ermutigend: „Wir hoffen, dass es mehr ist als ein taktisches Signal.“ China gehört neben Indien und Japan zu den zentralen Märkten in Asien/Pazifik. Diese Region steuert inzwischen die Hälfte zum Jahresumsatz bei.
Im Gesamtjahr schnitt Zeiss Meditec besser ab als erwartet. Der Umsatz kletterte währungsbereinigt um 13,3% auf 1,9 Mrd. Euro, und das Ebit legte von 374 Mill. im Vorjahr auf 397 Mill. Euro zu. Die Analystenschätzungen lagen bei 1,83 Mrd. Euro Umsatz und 380 Mill. Euro Ebit. Der Auftragseingang schoss in Landeswährungen um knapp 28% nach oben und erreichte 2,25 Mrd. Euro. Das spiegelt nach Firmenangaben die robuste Nachfrage wider, geht aber auch auf längere Fertigungs- und Lieferzeiten im Gerätegeschäft zurück.
Das vierte Geschäftsquartal sei über das gesamte Produktportfolio hinweg sehr gut ausgefallen, bestätigt Wehmer. Auch das Gerätegeschäft sei gewachsen, weil man einige Zulieferungen erhalten habe. Hinzu komme der Bestandsaufbau in China.
In den Lieferketten ergebe sich ein gemischtes Bild, sagt Weber. Teils sei die Lage immer noch sehr angespannt, etwa bei Mechanik- und Optikteilen. Im Laufe des Jahres erwartet der CEO aber eine Entspannung.
Bereinigt um Sondereffekte erzielte Zeiss Meditec 2021/22 eine operative Marge von 21,4%. Im Vorjahr waren es 23,0%. Das Nettoergebnis legte um 15,6% auf 296 Mill. Euro zu, unter anderem, weil der Kaufpreis für eine Übernahme letztlich geringer ausfiel als gedacht und somit eine Rückstellung für Eventualverbindlichkeiten aufgelöst werden konnte. Die Aktionäre sollen eine um 0,20 Euro auf 1,10 Euro erhöhte Dividende erhalten.
Carl Zeiss Meditec | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2021/22 | 2020/21 |
Umsatz | 1903 | 1647 |
Augenheilkunde | 1469 | 1256 |
Mikrochirurgie | 434 | 391 |
Ebit | 397 | 374 |
in % des Umsatzes | 20,9 | 22,7 |
Nettoergebnis | 296 | 238 |
Erg. je Aktie (Euro) | 3,29 | 2,64 |
Dividende (Euro) | 1,10 | 0,90 |
Operativer Cashflow | 188 | 363 |
Nettoliquidität | 886 | 940 |
Börsen-Zeitung |