DIW-Studie

2023 wurde so viel gearbeitet wie noch nie

2023 ist so viel gearbeitet worden wie nie seit der deutschen Wiedervereinigung. Das liegt laut einer DIW-Studie vor allem an den Frauen – die aber zur Hälfte in Teilzeit arbeiten. Etliche würden gerne mehr arbeiten, was auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken würde.

2023 wurde so viel gearbeitet wie noch nie

2023 wurde so viel gearbeitet wie noch nie

DIW-Studie: Durchschnittszeit sinkt aber – Mehr Frauen seit der Wiedervereinigung erwerbstätig – Potenzial liegt teils brach

ba Frankfurt

Seit der Wiedervereinigung haben die abhängig Beschäftigten in Deutschland noch nie so viel gearbeitet wie im vergangenen Jahr. Zwar hat vor allem die zunehmende Berufstätigkeit von Frauen für den kräftigen Anstieg gesorgt, doch arbeite fast die Hälfte davon in Teilzeit und etliche würden gerne mehr arbeiten, heißt es in einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Ihr Potenzial für den Arbeitsmarkt bleibt also teilweise ungenutzt“, mahnt Studienautor Mattis Beckmannshagen. Die DIW-Forscher empfehlen daher, das Arbeitsmarktpotenzial von Frauen besser zu nutzen und Fehlanreize zu beheben.

Konkret werden Reformen der Lohnsteuerklassen und des Ehegattensplittings vorgeschlagen. Diese „können zum Beispiel dazu beitragen, dass es sich für Zweitverdiener mehr lohnt, ihre Arbeitszeit über die Minijob-Grenze hinaus auszuweiten“, erklärt Studienautorin Annika Sperling. Um das Arbeitsangebot von Frauen zu erhöhen, bedürfe es aber auch einer gerechteren Aufgabenverteilung bei der Kinderbetreuung und im Haushalt. Die Politik könne diese Entwicklung mit zusätzlichen Kita-Plätzen und Elternzeitregelungen für Väter unterstützen.

Skeptisch wird hingegen der Vorschlag für steuerfreie Überstunden gesehen. Hier blieben viele Fragen offen. „Wenn es überhaupt zu Veränderungen bei den Arbeitszeiten kommt, könnten bestehende Rollenverteilungen zementiert werden“, erklärt Beckmannshagen. „Denn häufig dürfte es der Mann mit dem höheren Einkommen sein, der seine Arbeitszeit ausweitet und Überstunden macht.“ Der Großteil der Hausarbeit werde dann wohl eher von der Frau erledigt. In Frankreich etwa hatte eine Steuerbefreiung von Überstunden keinen Effekt auf das Gesamtarbeitsvolumen.

2023 arbeiteten die abhängig Beschäftigten hierzulande insgesamt rund 55 Milliarden Stunden, 1991 waren es noch 52 Milliarden. Zugleich ist aber die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Beschäftigten kontinuierlich gesunken. Dass die Erwerbsbeteiligung von Frauen zwischen 1991 und 2022 um 16 Prozentpunkte auf 73% gestiegen ist, spiegele den gesellschaftlichen Wandel vom Einverdiener- zum Zweiverdienerhaushalt wider, heißt es in der Studie.

Allerdings würden Frauen immer noch deutlich mehr Zeit für Kinderbetreuung und Hausarbeit aufwenden als Männer. Bei der Erwerbsarbeit ist es nach wie vor genau umgekehrt – Frauen arbeiten durchschnittlich etwa 33 Stunden, Männer hingegen 40 Stunden. Dabei ist seit 2011 die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Frauen konstant, die von Männern aber leicht rückläufig – ohne dass sie bei der Sorge- und Hausarbeit entsprechend aufholen würden. „Wenn sich der aktuelle Trend fortsetzt, wird es insbesondere bei der Kinderbetreuung noch Jahrzehnte dauern, bis Männer und Frauen gleich viel Zeit dafür aufwenden“, betonen die Forscher.

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