Geldpolitik

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Was für eine Überraschung – und was für eine Marke: Die US-Inflation ist im Mai auf 5,0% gesprungen. Natürlich hat das viele temporäre Gründe, so dass es so kaum auf Dauer weitergehen dürfte. Aber auch die Kernrate, die als besserer Indikator für...

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Was für eine Überraschung – und was für eine Marke: Die US-Inflation ist im Mai auf 5,0% gesprungen. Natürlich hat das viele temporäre Gründe, so dass es so kaum auf Dauer weitergehen dürfte. Aber auch die Kernrate, die als besserer Indikator für den zugrunde liegenden Preisdruck gilt, hat erneut kräftig auf 3,8% zugelegt – ein 29-Jahres-Hoch. Vor allem aber: Der Anstieg fiel erneut sehr viel stärker aus als prognostiziert. Sicher, für Inflationspanik besteht kein Grund. Aber genauso wenig sollte der Inflationsanstieg auf die leichte Schulter genommen werden. Spätestens nach Donnerstag sollte jedem klar sein: Die Inflation ist sicher nicht tot.

Vor allem die US-Notenbank Fed, die nächste Woche tagt, darf die Inflationsgefahr nicht unterschätzen und nicht zu lange untätig zuschauen. Auch das Lohnwachstum zieht bereits an. Jetzt geht es beileibe nicht darum, gleich auf eine restriktive Geldpolitik umzuschalten. Aber es scheint nötig, zumindest ein wenig vom Gas zu gehen. Anleihekäufe von 120 Mrd. Dollar pro Monat sind überholt. Der Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik nach der Corona-Pandemie erfordert wohl auch eine schnellere Gangart als nach der Weltfinanzkrise. Wenn die Fed die US-Wirtschaft zu lange heiß laufen lässt, drohen bei einer späteren Wende enorme makroökonomische Kosten – und auch der Weltwirtschaft Ungemach.

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) sollte genau hinschauen, was in den USA passiert. Am Donnerstag hat die EZB trotz stark verbesserter Wirtschaftslage und ebenfalls kräftig anziehender Inflation beschlossen, das im Frühjahr noch einmal erhöhte Kauftempo beim Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP vorerst beizubehalten. Zu groß schien die Angst einer Mehrheit im EZB-Rat, dass es sonst zu einer Verschärfung der Finanzierungsbedingungen kommt. Damit wird das Problem aber nur in die Zukunft verschoben – und der Druck größer.

Spätestens im September muss der EZB-Rat wohl Farbe bekennen. Wenn sich Wachstum und Inflation – und die Pandemie – bis dahin so entwickeln wie erwartet, gilt es dann, die Käufe zu reduzieren und im März 2022 auslaufen zu lassen. Dann bliebe die EZB-Politik immer noch sehr expansiv, und im Notfall ließe sich auch das parallele Anleihekaufprogramm APP aufstocken. EZB-Präsidentin Christine La­gar­de hat am Donnerstag in der Manier ihres Vorgängers Mario Draghi erklärt, jede Debatte über ein PEPP-Ende komme jetzt „verfrüht“. Aber Lagarde & Co. können – und dürfen! – der Tapering- und Exit-Debatte nicht auf Dauer ausweichen.

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