Bundeshaushalt

Ampel strebt zurück zur Normalität

Scharfe Kritik hat die Opposition am ersten Etat der Ampel-Regierung geübt. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt sprach von einem „Haushaltsrätsel“. Finanzminister Lindner (FDP) kündigte weitere Schulden an.

Ampel strebt zurück zur Normalität

wf Berlin

„Das ist kein Haushalt zum Beraten, sondern ein Haushaltsrätsel, das es zu erraten gilt“, kritisierte CSU-Landesgruppenvorsitzender Alexander Dobrindt im Bundestag den ersten Etatentwurf der neuen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP. Die Bundesregierung habe einen Entwurf mit Rekordverschuldung ohne Inhalt vorgelegt, monierte Dobrindt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte zuvor den Entwurf des Bundeshaushalts 2022 in erster Lesung in den Bundestag eingebrachte. Wegen des Wahljahres 2021 wird der Etat erst jetzt beraten, obwohl das Jahr schon angebrochen ist. Die neue Regierung kann damit eigene Akzente setzen.

„Die Rückkehr zur Normalität ist das haushaltspolitische Ziel der Bundesregierung“, sagte Lindner. Trotz veränderter Rahmenbedingungen sei der Etat ein erster Beitrag zur Konsolidierung, konstatierte Lindner. Bei Ausgaben von 457,6 Mrd. Euro plant die Ampel-Regierung eine Nettokreditaufnahme von 99,7 Mrd. Euro – so viel wie Lindners Vorgänger Olaf Scholz (SPD), heute Bundeskanzler, angesetzt hatte. Innerhalb dieses Kreditrahmens verschob die Ampel Ausgabenschwerpunkte in Richtung klimafreundlichem Verkehr oder Wohnungsbau. Gleichwohl könnten Lindner und die Ampel die bisherige Spitzenmarke bei der Neuverschuldung aus dem Jahr 2021 von 215,4 Mrd. Euro überschreiten. Zur Nettokreditaufnahme 2022 kommen Kreditermächtigungen von 100 Mrd. Euro für ein Sondervermögen der Bundeswehr.

Lindner kündigte zudem „möglichst bald“ einen Ergänzungshaushalt für die Folgen des Ukraine-Krieges an. Dieser umfasst etwa Kosten für Geflüchtete, Steuerausfälle durch das kriegsbedingt gedämpfte Wirtschaftswachstum oder das von Lindner angekündigte weitere Entlastungspaket für Bürger und Wirtschaft wegen der sprunghaft angestiegenen Energiepreise. Der haushaltpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Haase (CDU), schätzt den Ergänzungshaushalt auf ein Volumen von 50 Mrd. Euro.

Schuldenbremse ausgesetzt

Im Jahr 2023 und in den Folgejahren sei vorgesehen, die Schuldenbremse wieder einzuhalten, versprach Lindner. „Wir hoffen und setzen ja alle darauf, dass im kommenden Jahr keine Notlage mehr besteht“, sagte er. Für 2022 soll der Bundestag noch einmal die Aussetzung der Schuldenbremse beschließen. Kreditfinanziert werden sowohl die erhöhten Ausgaben in der Corona-Pandemie als auch die Folgekosten des Ukraine-Krieges. Die Aussetzung der Schuldenbremse macht auch die Errichtung des schuldenfinanzierten Sondervermögens Bundeswehr möglich. Damit soll die Bundeswehr besser ausgestattet und für ihre sicherheits- und verteidigungspolitischen Aufgaben ertüchtigt werden. Das neue Sondervermögen werde im Grundgesetz mit einer Zweckbindung verankert werden, betonte Lindner. Für die erneute und drittmalige Aussetzung der Schuldenbremse sind die Stimmen der CDU/CSU im Bundestag nötig. Die Union fordert als Bedingung für ihre Zustimmung, dass das neue Sondervermögen nur für Verteidigung, Bündnisverteidigung und die Bundeswehr zur Verfügung stehen dürfe. Außerdem vermisst sie einen Tilgungsplan. Wird die Schuldenbremse ausgesetzt, verlangt das Grundgesetz dafür zugleich einen Tilgungsplan. Da für Lindner das Sondervermögen Bundeswehr neben der Schuldenbremse steht, hat die Ampel dafür jedoch keinen Tilgungsplan vorgelegt. Zudem hat sie bereits beschlossene Tilgungspläne aus den Coronaschulden so gestreckt, dass die Rückzahlungen nicht mehr in diese Legislaturperiode fallen.

Lindner versprach, die Bundesregierung werde mit all ihren fiskalischen Möglichkeiten eine Stagflation verhindern. Mit Blick auf die angekündigten Zinserhöhungen der Notenbanken sagte er: „Wir können nicht darauf bauen, dass Wachstum über die Notenbank organisiert wird und der Staat sich dauerhaft mit Niedrigzinsen finanziert. Wir müssen ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum in diesem Land ermöglichen und zugleich den Staat aus der Verschuldung herausführen.“