Streikdrohungen

Arbeitgeber in Spanien fühlen sich alleingelassen

Der spanische Arbeitsmarkt ist trotz eines leichten Anstiegs im August weiter robust. Arbeitsministerin Díaz verärgerte mit ihrem Verständnis für Streikdrohungen der Gewerkschaften zuletzt die Arbeitgeber.

Arbeitgeber in Spanien fühlen sich alleingelassen

ths Madrid

Der spanische Arbeitsmarkt hält dem allgemein erwarteten Abschwung der Wirtschaft stand. Im August meldeten sich saisonbereinigt nur 3000 Menschen mehr bei den Ämtern als Arbeitssuchende an als im Juli, wie das zuständige Ministerium am Freitag bekannt gab. Das sei weniger als im Schnitt der Jahre vor Ausbruch der Pandemie. Die Sozialversicherung verlor dagegen 190000 Beitragszahler, da Ende August mit dem Schluss der Hauptsaison der wichtigen Tourismusbranche gewöhnlich zahlreiche befristete Arbeitsverhältnisse gekündigt werden. Eurostat hatte am Vortag für Spanien eine Erwerbslosenquote von 12,6% im Juli gemeldet, die höchste in der EU.

Der Dachverband der Arbeitgeber CEOE warnte trotz der relativ guten Zahlen vor der drohenden Abkühlung. Einige Analysten erwarten im dritten Quartal einen leichten Rückgang des Bruttoinlandsproduktes, nach einem Wachstum im Jahresvergleich von 6,3% von April bis Juni. Aus diesem Grund bekräftigte die CEOE ihre Ablehnung der Forderungen der Gewerkschaften, wonach die Gehälter an die Inflationsrate angeglichen werden sollen.

Arbeitsministerin Yolanda Díaz hatte vor Tagen die Unternehmer gegen sich aufgebracht, als sie sich auf die Seite der Arbeitnehmer stellte und Verständnis für deren Streikdrohungen zeigte. „Der Arbeitgeberverband weiß, dass die arbeitenden Familien leiden, und ich glaube, dass die Gewerkschaften Grund dafür haben, auf die Straße zu gehen“, sagte Díaz, eine von drei Stellvertreterinnen von Ministerpräsident Pedro Sánchez.

Seitens der CEOE warf man der Ministerin „mangelnde Empathie für die Unternehmer“ vor. Das gilt auch für den Vorschlag von Díaz, den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 1000 Euro bei 14 Monatszahlungen um 49 Euro anzuheben. Die Arbeitgeber unterstrichen, dass der Mindestlohn seit 2018 um 35% erhöht worden ist.

Díaz, die in den letzten Jahren viel Lob für ihr diplomatisches Geschick erntete, mit dem sie gemeinsam mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern Hilfsmaßnahmen während der Pandemie und eine Arbeitsmarktreform vereinbaren konnte, wird als sehr wahrscheinliche Spitzenkandidatin der Linken gehandelt, die als Juniorpartner im Kabinett der Sozialisten von Sánchez sitzen. Wirtschaftsministerin Nadia Calviño von den Sozialisten rief die Tarifpartner dagegen zu „Verantwortung und Mäßigung“ bei Gewinnen und Gehaltsforderungen auf.

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