Ausländische Projektinvestoren wenden sich von Deutschland ab
Ausländische Firmen wenden sich von Deutschland ab
Prognose: Direktinvestitionen gehen 2023 zurück – Qualität steigt aber – Standort verliert per saldo Projektgelder
lz Frankfurt
Ausländische Unternehmen zieht es immer weniger nach Deutschland. Die bundeseigene Gesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) rechnet mit einem Rückgang an Direktinvestitionen von 18% zum Vorjahr, als noch rund 1.800 Neuansiedlungen und Erweiterungen gezählt wurden. Als Misstrauensvotum gegen den Standort Deutschland wollen die Wirtschaftsförderer diese Entwicklung aber nicht verstanden wissen. „Wir bleiben der gefragteste Standort in der Europäischen Union für ausländische Direktinvestitionen“, sagte der Managing Director der GTAI, Achim Hartig, am Dienstag zu Reuters. In anderen Ländern wie etwa in Frankreich zeichneten sich zudem stärkere Rückgänge ab, sagte Hartig.
Allerdings ist die Sachlage recht komplex. Denn die Messung der Direktinvestitionen kann unterschiedlich erfolgen: etwa nach dem Saldo der Investitionsströme oder der Zahl der Projekte. Und da lässt eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) eher die Alarmglocken schrillen. Rund 132 Mrd. Dollar (125 Mrd. Euro) an Direktinvestitionen flossen 2022 mehr aus Deutschland ab, als im gleichen Zeitraum investiert wurden. Das waren die höchsten Netto-Abflüsse, die jemals in Deutschland verzeichnet wurden. Das zeigt zum einen zwar die hohe Investitionsaktivität deutscher Unternehmen im Ausland, aber auch die geringere Attraktivität des deutschen Standorts für das Ausland, zumal die Zuflüsse auch in absoluten Zahlen geringer geworden sind. Und nach Zahl der Projekte rangiert Deutschland als Zielland von Investitionen einer Studie des Wirtschaftsprüfers EY zufolge in Europa zwar weiterhin ganz oben, aber die Investitionen schwinden. Die Zahl ging 2022 erneut zurück – entgegen einem leicht positiven europäischen Trend. Mit nur noch 832 Projekten wurde das niedrigste Niveau seit 2013 erreicht.
Investitionsschwäche setzt sich fort
Aber nicht nur ausländische Unternehmen zögern aktuell mit Investitionen hierzulande, sondern auch deutsche. Nur 27% planen für 2024 mit höheren Investitionsausgaben als im zu Ende gehenden Jahr, während 36% geringere Budgets einplanen, wie aus einer aktuellen Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervorgeht. "Die Investitionsschwäche wird 2024 nicht überwunden", so das Fazit des IW.
Mit Blick auf 2023 verweist Hartig aber auf die hohe Qualität der Projekte. Allein 16 Investitionen mit einem Volumen von mehr als 100 Mill. Euro seien bislang zugesagt worden – darunter sechs im Milliardenbereich. Erst vor kurzem verkündete der US-Pharmakonzern Eli Lilly, rund 2,3 Mrd. Euro in ein neues Werk im rheinland-pfälzischen Alzey zu stecken. Die größte Investition kommt dabei vom Energiekonzern BP, der 6,8 Mrd. Euro für zwei Windparks in der Nordsee ausgeben will. Auch drei Rechenzentren in Berlin, dem brandenburgischen Wustermark und im hessischen Hanau sollen jeweils die Milliardenmarke übertreffen. Apple wiederum will sein europäisches Zentrum für Chipdesign in München massiv ausbauen, mit rund 1 Mrd. Euro.