Deutsche Konjunktur

Außenhandel stellt sich auf harte Zeiten ein

Noch im Februar melden die Statistiker für den deutschen Export einen Rekordwert, für den März zeichnen sich aber schon dramatische Rückgänge ab. Die Sorgen vor weiteren Lieferkettenbrüchen, einem Energienotstand und einer Rezession wachsen.

Außenhandel stellt sich auf harte Zeiten ein

Nach einem unerwartet starken Anstieg der Exporte im Februar stellt sich der deutsche Außenhandel wegen des Ukraine-Krieges auf harte Zeiten ein. Insgesamt wurden Waren im Wert von 124,7 Mrd. Euro ausgeführt, das waren nach Daten des Statistischen Bundesamtes 14,3% mehr als im Februar 2021. Gegenüber dem Vormonat ergab sich kalender- und saisonbereinigt ein Anstieg um 6,4%. Analysten hatten hier mit einem geringeren Plus von 1,5% gerechnet. Wegen der ökonomischen Folgen des Ukraine-Krieges droht der Exportmotor nun aber ins Stottern zu geraten. Hinzu kommen Corona-Lockdowns in China, die zusätzlich belasten.

Sewing: Rezession „kaum zu vermeiden“

Die deutschen Privatbanken rechnen im Falle eines Einfuhr- oder Lieferstopps von russischem Öl und Gas sogar mit einer schweren Rezession. „Eine deutliche Rezession in Deutschland wäre dann kaum zu vermeiden“, sagte der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), Deutsche Bank-Chef Christian Sewing, am Montag auf einer virtuellen BdB-Veranstaltung. Die Frage nach staatlichen Hilfsmaßnahmen für Unternehmen und Branchen würde dann noch drängender werden.

„Der Außenhandel muss sich auf harte Zeiten einstellen“, sagte Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) am Montag. Der Ukraine-Krieg belaste den deutschen Außenhandel erheblich. “Die mittel- bis langfristigen Auswirkungen sind bisher kaum absehbar.” Eine der größten Herausforderungen sei die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl. „Noch haben wir keine Versorgungsengpässe, doch die Lage bleibt unberechenbar”, sagte Jandura.

Lieferkettenprobleme durch Lockdowns in China

Ähnlich sieht das der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der zusätzlich auf die Corona-Welle in China hinweist. „Die wirtschaftlichen Folgen des russischen Kriegs in der Ukraine sowie die neuerlich verschärften Produktions- und Logistikstörungen in China erschüttern den Welthandel“, betonte dessen Außenwirtschaftschef Volker Treier. „Beides findet in Lieferbezugsproblemen sowie in enormen Preisanstiegen Ausdruck und trifft die deutsche Exportwirtschaft ins Mark.“

Zusätzlich verschärft sich die Lage nämlich durch Lockdowns in China. „Die Zahl der Schiffe, die vor chinesischen Häfen liegen, steigt rasant an“, berichtete Jandura. Bei einer jüngst veröffentlichten Umfrage der Deutschen Handelskammer in China berichteten 51% der Unternehmen vor einer vollständigen Störung oder schwerwiegenden Auswirkungen auf Logistik, Lagerhaltung und Lieferketten durch die präventiven Corona-Maßnahmen.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine Ende Februar und die in der Folge verhängten Sanktionen des Westens gegen Moskau werden sich nach Einschätzung der Wiesbadener Behörde erst im März detaillierter in den Zahlen der Außenhandelsbilanz zeigen.

Die Importe stiegen im Februar im Vorjahresvergleich ebenfalls kräftig um 24,6% auf 113,1 Mrd. Euro, gegenüber dem Vormonat Januar legten die Einfuhren nach Deutschland um 4,5% zu.

Die deutschen Exporte nach Russland (minus 6,3%) sowie die Importe aus dem Land (minus 7,3%) sanken im Februar allerdings bereits gegenüber dem Vormonat. Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank vermutet, dass der Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine im Vorfeld des Kriegsausbruchs den Handel mit Russland belastet hat. „Die negativen Außenhandelsdaten mit der Russischen Föderation im Februar sind vermutlich noch verhältnismäßig gut im Vergleich zu dem, was in den kommenden Monaten veröffentlicht wird. Der Russland-Handel wird regelrecht einbrechen.“

Mehr Ausfuhren in EU-Staaten

Dagegen wuchsen die deutschen Ausfuhren in die EU-Staaten im Februar um 10,4% zum Vormonat, die zum wichtigsten Handelspartner China um 6,4% und die in die USA um 2,7%. Allerdings dürfte es in diesem Tempo nicht weitergehen: Denn die Stimmung unter den deutschen Exporteuren ist nach Beginn des Krieges in der Ukraine am 24. Februar eingebrochen: Das Barometer für die Exporterwartungen stürzte im März auf minus 2,3 Punkte ab, nachdem es im Februar noch bei plus 17,0 Zähler gelegen hatte, wie das Ifo-Institut bei seiner monatlichen Unternehmensumfrage herausfand. Einen stärkeren Rückgang gab es bisher nur zu Beginn der Corona-Krise im April 2020. „Insbesondere Unternehmen mit wirtschaftlichen Verbindungen zu Russland blicken deutlich pessimistischer auf die kommenden Monate“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. „Der Zuwachs der Exporte wird sich merklich verlangsamen.“

Im vergangenen Jahr hatten Deutschlands Exporteure den Einbruch in der Corona-Krise mit einem Rekordergebnis mehr als wettgemacht. Neben direkten Einbußen im Geschäft mit Russland und der Ukraine infolge des Krieges dürften Ökonomen zufolge eine Verschärfung der Lieferengpässe und der Mangel bei Vorprodukten den deutschen Export in diesem Jahr bremsen. Können Unternehmen weniger produzieren, kann auch weniger ausgeführt werden.