Deutsche Konjunktur

Baubranche belastet erneut die Industrieproduktion

Die Industrie hat zwar im August überraschend die Produktion gedrosselt. Ökonomen erwarten dennoch, dass die Talsohle bald durchschritten ist. Im dritten Quartal wird die deutsche Wirtschaft wohl erneut schrumpfen.

Baubranche belastet erneut die Industrieproduktion

Baubranche belastet erneut die Produktion

Deutsche Industrie drosselt Output den vierten Monat in Folge – Ministerium sieht Talsohle erreicht – Weniger Lkw unterwegs

ba Frankfurt

Die deutsche Industrie hat im August die Produktion entgegen den Erwartungen zum vierten Mal in Folge gedrosselt. Bremsender Faktor war erneut die Baubranche. Dass weniger Lkw auf den deutschen Autobahnen unterwegs waren, lässt auch für den September einen Rückgang erwarten, denn Produktion benötigt und erzeugt Fahrleistungen. Nachdem die jüngsten Konjunkturdaten – zu den Exporten, Exporterwartungen und Einzelhandelsumsätzen sowie der Einkaufsmanagerindex – ebenfalls wenig Hoffnung auf Besserung gegeben haben, deutet sich für das eben beendete dritte Quartal ein Minus an. Im zweiten Quartal stagnierte die Wirtschaft nach den beiden Minus-Quartalen um den Jahreswechsel herum, womit die Definition einer technischen Rezession erfüllt war.

Juli besser als zunächst gemeldet

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) fertigten Industrie, Bau und Energieerzeuger im August 0,2% weniger als im Vormonat. Ökonomen hatten hingegen einen schmalen Zuwachs von 0,1% erwartet. Allerdings war das Minus im Juli doch nicht so groß ausgefallen wie mit 0,8% zunächst ermittelt. Nun vermelden die Wiesbadener Statistiker einen Rückgang um 0,6%.

Zeichen der Stabilisierung

Ökonomen werten die Daten als Zeichen der Stabilisierung, sehen die Industrie aber weiter als Sorgenfall der Wirtschaft an. Denn im Quartalsvergleich zeigt sich ein deutliches Minus: So lag der Output im weniger volatilen Dreimonatsvergleich von Juni bis August 2023 um 1,9% unter dem Niveau der drei Monate zuvor. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt von Union Investment, benennt als Ursache die kräftige Nachfrageverschiebung in Richtung Dienstleistungen und dass weniger Güter bestellt wurden. „Auch wurden Lagerbestände abgebaut und die Auftragsbestände, die unter einem schwächeren Neuauftragseingang leiden, sinken“, erklärte Zeuner. Im August allerdings waren die Bestellungen mit 3,9% mehr als doppelt so kräftig gewachsen wie erwartet.

Autobranche produziert mehr

Als erfreulich werten Ökonomen, dass die Industrie im engeren Sinne, also ohne die im August als Bremsfaktoren wirkende Energieerzeugung und Baubranche, um 0,5% mehr gefertigt hat als im Juli. Positiv fiel auch die Automobilbranche auf, die ihren Ausstoß um 7,6% erhöhte – allerdings nachdem sich hier im Juli wohl aufgrund der Lage der Schul-Sommerferien ein deutliches Minus von 9,4% gezeigt hatte. Auch die energieintensiven Industriezweigen fertigten mehr, nämlich 0,9% mehr als im Juli. Im Vergleich zum Vorjahresmonat allerdings sank die energieintensive Produktion um 8,3%. Ralph Solveen, stellvertretender Leiter Economic Research der Commerzbank, mahnt daher, dass sich die Produktion in den energieintensiven Bereichen bisher nicht von ihrem Absturz im Jahresverlauf 2022 erholt hat, sondern sich seit einigen Monaten auf sehr niedrigem Niveau seitwärts bewege.

Weniger Lkw unterwegs

Sorgen bereitet weiterhin die Baubranche, die wegen der steigenden Zinsen unter rekordhohen Stornierungen und mauen Neuaufträgen leidet. Hier nahm die Produktion um 2,4% ab. Auch die Energieerzeugung ging zurück, und zwar um 6,6%. Destatis zufolge „spielte auch der Produktionsrückgang im Maschinenbau (–2,3%) für das Gesamtergebnis eine wichtige Rolle“.

Wenig Hoffnung auf rasche Besserung lassen Frühindikatoren wie etwa der Lkw-Maut-Index erkennen. So waren im September 0,4% weniger Lkw auf Autobahnen unterwegs als im Vormonat. Für den Jahresvergleich meldet Destatis ein Minus um 2,7%. Die Lkw-Fahrleistung gibt frühe Hinweise zur aktuellen Konjunkturentwicklung in der Industrie und weist einen engen Zusammenhang mit der Industrieproduktion auf. Die für September gesunkenen Ifo-Exporterwartungen zeigen, dass sich die Exportwirtschaft in einer Schwächephase befindet, mahnt Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Eine deutliche Belebung der Exportnachfrage sei wahrscheinlich erst im nächsten Jahr zu erwarten.

Die Industrie hat zwar im August überraschend die Produktion gedrosselt und der nachlassende Lkw-Verkehr lässt für September Ähnliches erwarten. Ökonomen glauben dennoch, dass die Talsohle bald durchschritten ist. Im dritten Quartal wird die deutsche Wirtschaft aber wohl erneut schrumpfen.

Wertberichtigt Seite 2