Vor dem Europäischen Rat

Beifall von Scholz fürs designierte EU-Führungsteam

Beim bevorstehenden EU-Gipfel wollen die Regierungschefs ein größeres Personalpaket beschließen und über strategische Ziele debattieren.

Beifall von Scholz fürs designierte EU-Führungsteam

Scholz lobt neue EU-Führung

Vor Gipfel schnelle Umsetzung angemahnt – Regierungschefs sprechen über strategische Ziele

Im Vorfeld des Europäischen Rates hat Bundeskanzler Olaf Scholz das designierte neue Führungsteam der EU noch einmal als „gute Besetzung“ gelobt. Besorgt äußerte sich der SPD-Politiker in einer Regierungserklärung allerdings zum Ergebnis der Europawahl, die der Kanzler als „Einschnitt“ bezeichnete.

ahe/fed Berlin/Brüssel

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich sehr zufrieden mit der Grundsatzeinigung auf das künftige Führungspersonal der EU gezeigt. „Das sind aus meiner Sicht gute Besetzungen und klare Entscheidungen für eine gute europäische Zukunft“, betonte Scholz am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Bundestag. Die Verständigung, die auf dem anstehenden EU-Gipfel noch bestätigt werden muss, sieht vor, dass Ursula von der Leyen eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin erhält, der frühere portugiesische Premier António Costa EU-Ratsvorsitzender wird und die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas neue Außenbeauftragte.

Scholz mahnte eine schnelle Umsetzung an: „Wir dürfen uns keine Hängepartie in diesen schwierigen Zeiten leisten“, sagte er. „Die Bürgerinnen und Bürger erwarten keinen Streit um Posten, sondern schnelle Arbeit.“ Besorgt äußerte sich der SPD-Politiker zugleich darüber, dass bei der Europawahl viele Menschen Parteien gewählt hätten, die die EU und auch die Nato infrage stellten. In Deutschland ist dies nach den Worten von Scholz eine Partei, „die gemeinsame Sache macht mit den Vorschlägen des russischen Präsidenten“. Das Ergebnis der Europawahl sei „ein Einschnitt“. Laut Scholz haben viele Krisen gleichzeitig Vertrauen und Sicherheitsgefühl der Menschen infrage gestellt.

Ruf nach Mehrheitsbeschlüssen

Deutschland bekenne sich zu EU und Nato, bekräftigte Scholz. „Europa ist für Deutschland eine zentrale nationale Aufgabe.“ Die EU sei auch heute noch „das entscheidende Friedens- und Wohlstandsprojekt unseres Kontinents“. Erforderlich seien aber Reformen der EU, damit weitere Länder beitreten könnten. So müssten auch im Brüsseler Haushalt mehr Prioritäten gesetzt werden. Zugleich brauche es mehr Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit, bekräftigte Scholz, der in seiner Rede einmal mehr auch Kritik an überbordender Bürokratie durch die EU und an ihrer Handelspolitik übte.

Aus diplomatischen Kreisen verlautete, dass von der Leyen als amtierende EU-Kommissionschefin den Regierungschefs verschiedene Optionen vorstellen werde, wie die EU ihre Verteidigungskapazitäten ausweiten könnte. Das dürfte Diskussionen auslösen, weil dabei sicherlich auch eine gemeinsame Kreditfinanzierung zur Sprache kommen könnte.

Ein weiteres Thema, das die Regierungschefs auf ihrer Tagesordnung haben werden, sind die langfristigen strategischen Ziele. Dazu zählen erstens der Schutz von Werten beziehungsweise der Rechtsstaatlichkeit, zweitens die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU und ihrer wirtschaftlichen Souveränität. Drittens werden sich die Regierungschefs – bevor wieder Verhandlungen über den mehrjährigen Finanzrahmen starten – Gedanken machen, wie die Union finanzierbar bleibt. Und schließlich werden Reformen am institutionellen Rahmen besprochen – wie von Scholz mit dem Plädoyer für die Ablösung von Einstimmigkeit durch qualifizierte Mehrheitsbeschlüsse angedeutet. Zudem wird der EU-Gipfel auch dazu genutzt werden, um bei den Details im Zusammenhang mit der Nutzung von Zinserträgen aus eingefrorenen russischen Vermögen für den Wiederaufbau der Ukraine voranzukommen.

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