Geldpolitik

BIZ warnt vor hartnäckiger Inflation

Die Geldpolitik dürfte laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) weltweit länger als gedacht restriktiv bleiben müssen. Dies liegt daran, wie sich die Inflation künftig zusammensetzen dürfte.

BIZ warnt vor hartnäckiger Inflation

BIZ warnt vor hartnäckiger Inflation

Geldpolitik könnte länger restriktiv bleiben müssen – Natürlicher Zins kein guter Ratgeber

mpi Frankfurt

Die Zentralbanken könnten auf dem Weg zu ihren jeweiligen Inflationszielen Rückschläge erleiden. Davor warnt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in einer neuen Studie. „Die Inflation könnte sich weltweit als hartnäckiger erweisen, als es in der Vergangenheit aussah“, sagte Hyun Song Shin, Economic Adviser und Head of Research bei der BIZ.

Das auch als Zentralbank der Zentralbanken bezeichnete Institut kommt in der Studie zu dem Schluss, dass Inflation im Dienstleistungssektor generell hartnäckiger ist als die Teuerung bei Waren. Während in den vergangenen Jahren vor allem die gestiegenen Preise bei Gütern – insbesondere bei Lebensmitteln und Energie – die Teuerung hoch gehalten haben, entwickelt sich nun der Dienstleistungssektor zum Inflationstreiber.

Neue Preiserhöhungen

Dies liegt zum einen daran, dass sich das hohe Lohnwachstum stärker auf personalintensive Branchen auswirkt. Zum anderen gebe es durch die Pandemie laut BIZ Nachholbedarf bei Preiserhöhungen für Dienstleistungen. „Die Pandemie führte zu erheblichen Abweichungen des relativen Preises von Dienstleistungen im Vergleich zu Kerngütern von seinem zuvor etablierten Trend“, schreiben die BIZ-Autoren. Nun könnte daher eine Phase anstehen, in der die Preise für Services deutlich stärker steigen als für Waren. Zudem führen die Autoren an, dass sich die Entspannung bei Energiepreisen nicht so stark auf die Dienstleister auswirken wird, da der Energieverbrauch hier eher gering ist. Deswegen dürfte die Disinflation im Servicesektor langsam vonstattengehen.

„Die Analyse deutet darauf hin, dass der größere Beitrag der Dienstleistungen zur Inflation den zugrundeliegenden Preisdruck auf kurze Sicht aufrechterhalten wird“, resümiert die BIZ. „Wenn dem so ist, müsste die Geldpolitik straffer bleiben, um ein bestimmtes Inflationsziel zu erreichen, als dies der Fall wäre, wenn die Inflation hauptsächlich das schnellere Wachstum der Warenpreise widerspiegeln würde.“

Hohe Schwankungen

In einer zweiten Studie haben sich die Ökonomen der BIZ mit dem neutralen Zins auseinandergesetzt. Damit ist das Geldmarktzinsniveau gemeint, das mit einem voll ausgelasteten Produktionspotenzial und einer konstanten Inflationsrate vereinbar ist. Dieses Zinsniveau lässt sich nicht messen, sondern nur anhand von Modellrechnungen schätzen.

In ihrer Studie kommt die BIZ zu dem Schluss, dass der neutrale Zins der Eurozone seit der Pandemie wahrscheinlich gestiegen ist. Zu diesem Ergebnis war auch die Europäische Zentralbank (EZB) in einer Untersuchung gekommen. Die Unsicherheit bei dieser Schätzung sei jedoch hoch, betont die BIZ. Dies verdeutlicht die große Spanne, welche die drei verschiedenen Modelle sowie eine Umfrage unter Analysten für Geldpolitik über den neutralen Zins ergeben haben. Der Wert schwankt von rund −0,5% bis etwa 1,5%. Zudem: Nur bei drei der vier Ansätze ist der neutrale Zins seit der Pandemie gestiegen, im vierten ist er gesunken.

Natürlicher Zins kein guter Ratgeber für Geldpolitik

Die BIZ hält einen höheren neutralen Zins für plausibel, da unter anderem die fiskalischen Ausgaben in den vergangenen Jahren hoch waren. Steigende Haushaltsausgaben für die alternde Gesellschaft sowie die benötigten Investitionen für die grüne Transformation der Wirtschaft, den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur sowie die Stärkung des Militärs wegen geopolitischer Krisen dürften laut der Analyse der BIZ dazu führen, dass die Fiskalpolitik expansiv bleibt.

Die BIZ rät den Zentralbanken jedoch, nicht zu sehr auf den neutralen Zins zu schauen. „Es erscheint ratsam, geldpolitische Entscheidungen an der beobachteten Inflation zu orientieren und nicht an den sehr unsicheren Schätzungen für den neutralen Zins.“ Forschungsleiter Shin führt zudem ein weiteres Argument gegen einen zu starken Fokus auf den neutralen Zinssatz an. Im theoretischen Konzept des neutralen Zinses gibt es keine externen Inflationsschocks, wie etwa den Ausbruch des Krieges in der Ukraine oder den Nahost-Konflikt. Nicht nur die jüngere Vergangenheit zeigt, dass solche Schocks in der Realität jedoch regelmäßig auftreten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.