Stärkster Einbruch seit zwei Jahren

Börsenturbulenzen schicken ZEW-Barometer auf Talfahrt

Börsenturbulenzen, schwächelnde US-Wirtschaft, geopolitische Unsicherheit: Börsianer zeigen in der ZEW-Umfrage Nerven. Das Barometer bricht so stark ein wie seit zwei Jahren nicht mehr. Die Konjunkturerholung im zweiten Halbjahr wird unwahrscheinlicher.

Börsenturbulenzen schicken ZEW-Barometer auf Talfahrt

Börsenturbulenzen schicken ZEW-Barometer auf Talfahrt

Stärkster Einbruch seit zwei Jahren

ba Frankfurt

Im August sind für Börsianer zu viele Unsicherheitsfaktoren zusammengekommen, um aus den zuletzt positiv ausgefallenen deutschen Industriedaten etwas Konjunkturzuversicht zu schöpfen. Ihre Einschätzung ist in der aktuellen ZEW-Umfrage deutlich schlechter ausgefallen als erwartet, womit auch die Hoffnung auf eine Konjunkturerholung im zweiten Halbjahr einen weiteren Dämpfer bekommen hat. Es steht zu erwarten, dass sich das pessimistischere Bild auch in den Stimmungsbarometern des Ifo-Instituts und der GfK zeigen wird, die am Monatsende veröffentlicht werden.

Etwas positiverer Blick auf den Euroraum

Das Barometer für die Aussichten in den kommenden sechs Monaten rutschte im August um 22,6 auf 19,2 Punkte, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mitteilte. Ökonomen wurden von dem stärksten Einbruch seit Juli 2022 überrascht, denn sie hatten nur mit einem Rückgang auf 34 Zähler gerechnet. Die aktuelle Lage wurde ebenfalls schwächer als zuletzt beurteilt. Der entsprechende Indikator gab um 8,4 auf −77,3 Punkte nach. Die Prognose lag hier bei −74,5 Zählern. Etwas besser fällt das Urteil der Analysten für den Euroraum aus: Zwar sind die Konjunkturerwartungen um 25,8 auf 17,9 Punkte eingebrochen, doch der Lageindikator legte um 3,7 auf −32,4 Zähler zu.

USA und China auch schwach

„Der wirtschaftliche Ausblick für Deutschland bricht ein“, kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach das Ergebnis der Umfrage unter 152 Analysten. Die Aussichten für den Euroraum, die USA und China würden ebenfalls deutlich nachgeben. „Dadurch fallen bei den deutschen Branchen insbesondere die Erwartungen der exportintensiven Sektoren“, erklärte Wambach. Das lasse vermuten, dass die Konjunkturaussichten weiter unter dem Eindruck hoher Unsicherheit stehen, getrieben durch eine unklare Geldpolitik, enttäuschende Geschäftszahlen aus der US-Wirtschaft und wachsende Sorgen über eine Eskalation des Nahost-Konflikts. „Diese Unsicherheit äußerte sich zuletzt auch in den Kurseinbrüchen auf den internationalen Aktienmärkten.“

Stillstand im dritten Quartal erwartet

Auch wenn diese Turbulenzen das ZEW-Barometer belastet haben, war „der Zenit der Hoffnungen auf eine baldige Belebung der Konjunktur jedoch bereits im Frühsommer überschritten“, so die Einordnung von LBBW-Ökonom Elmar Völker. „Da jetzt auch die Lageeinschätzung neuerlich eingeknickt ist, erscheint der Weg zu einem echten Aufschwung noch ein Stück weiter.“ Die hiesige Wirtschaft dürfte laut Völker auch im Sommer weitgehend auf der Stelle treten, nachdem sie im Frühjahr um 0,1% geschrumpft war. Bei zwei aufeinanderfolgenden Minusquartalen würde Deutschland per Definition in die technische Rezession rutschen. „Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben ungünstig, und es fehlt an einer Initialzündung“, schreibt Bastian Hepperle, Senior Economist bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. „Die Reihe schwach ausfallender Stimmungsindikatoren wird immer länger, und die Sorgenfalten um die deutsche Wirtschaft werden immer größer.“ Das Sentix-Konjunkturbarometer wie auch der Einkaufsmanagerindex hatten zuletzt enttäuscht.

Etwas optimistischer zeigt sich Michael Herzum von Union Investment. Trotz der jüngsten Rücksetzer sieht er die Voraussetzungen für eine bessere konjunkturelle Entwicklung als gegeben. „Die Realeinkommen steigen, und die Finanzierungsbedingungen sind weniger straff als noch vor einigen Monaten.“ Das spreche für anziehende Investitionen.

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