ZEW-Konjunkturerwartungen legen kräftig zu

Börsianer setzen auf neue Regierung

Finanzmarktexperten zeigen sich kurz vor der Bundestagswahl optimistischer als erwartet für die deutsche Konjunktur. Der ZEW-Index steigt im Februar so stark wie seit zwei Jahren nicht mehr.

Börsianer setzen auf neue Regierung

Börsianer setzen auf neue Regierung

ZEW-Index steigt so stark wie zuletzt vor zwei Jahren − Lage ebenfalls besser bewertet − Zinssenkungen helfen Baubranche

Finanzmarktexperten zeigen sich kurz vor der Bundestagswahl optimistischer als erwartet für die deutsche Konjunktur. Der ZEW-Index steigt im Februar so stark wie seit zwei Jahren nicht mehr. Und auch der Blick auf den Euroraum und China fällt durchweg positiv aus. Nur die Bewertung der US-Wirtschaft zeigt Spuren der Zölle.

ba Frankfurt

Börsianer schöpfen im Schlussspurt vor der Bundestagswahl Hoffnungen, dass es mit der darbenden deutschen Konjunktur bald aufwärts geht. Die ZEW-Konjunkturerwartungen sprangen im Februar um 15,7 auf 26,0 Punkte, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mitteilte. Ökonomen wurden von dem stärksten Plus seit zwei Jahren halbwegs überrascht −sie hatten nach dem unerwartet kräftigen Rückgang zu Jahresbeginn nur einen Zuwachs auf 20,0 Zählern prognostiziert. Das Barometer der aktuellen Lage hingegen zeigte einen schmaleren Anstieg um 1,9 auf minus 88,5 Punkte und rangiert damit weiter auf niedrigem Niveau. Die Markterwartung lag hier bei einem Minus von 89,4 Zählern.

„Vorschusslorbeeren“

„Hoffnungen auf eine handlungsfähige neue Bundesregierung dürften für den gestiegenen Optimismus gesorgt haben“, kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach das Ergebnis der Umfrage unter 158 Finanzmarktteilnehmern. Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, vermutet gleichfalls „Vorschusslorbeeren wegen des sich abzeichnenden Regierungswechsels“ − für eine echte Stimmungswende müssten sich allerdings die höheren Erwartungen auch in einer besseren Lage niederschlagen. „Für echten Optimismus braucht es eine strenge angebotsorientierte Wirtschaftspolitik und weniger staatlicher Vorgaben“, betont Krüger. Er erwartet auch bei gutem Verlauf kaum mehr als eine Stagnation der Wirtschaftsleistung im laufenden Quartal.

Belebung außer Sichtweite

Zu Jahresbeginn zumindest ist „eine spürbare wirtschaftliche Belebung noch nicht erkennbar“, heißt es beim Wirtschaftsministerium. Nachdem die Wirtschaftsleistung im vierten Quartal mit einem Rückgang um 0,2% zum Vorquartal schwächer als zunächst gemeldet ausgefallen war, zeigten aktuelle Frühindikatoren eine leichte Aufhellung. Dabei scheine sich aber die Zweiteilung zwischen positiv tendierendem Dienstleistungssektor und rezessiver Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe fortzusetzen. Die binnen- und außenwirtschaftlichen Nachfrage bleibe schwach, die innen- und geopolitischen Risiken hoch – insbesondere mit Blick auf die US-Handelspolitik – und die daraus folgende Konsum- und Investitionsstimmung bleibe gedämpft. Bereits 2023 und 2024 war das BIP um 0,3% bzw. 0,2% geschrumpft. Dies gab es zuletzt 2002/2003, mit einem dritten Rezessionsjahr in Folge wäre es die längste Flaute in der Geschichte der Bundesrepublik.

„Der klare Anstieg der ZEW-Konjunkturerwartungen untermauert die positiven konjunkturellen Tendenzen der vergangenen Wochen“, sagt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank mit Blick auf die jüngst gestiegenen Auftragseingänge. Diese hatten die Hoffnung befeuert, dass die Industrie die Talsohle erreicht hat. Zudem, so Gitzel, habe die gesunkene Inflationsrate die realen Haushaltseinkommen der privaten Haushalte erhöht.

Zinssenkungen helfen

Wambach zufolge dürfte die ausbleibende Konsumnachfrage privater Haushalte mit Sicht auf die nächsten sechs Monate wieder anziehen. Und die jüngste Zinssenkung der EZB, mit der diese auf die schwache Konjunkturentwicklung in der Währungsunion reagiert hat, könnte zu den verbesserten Aussichten für die Baubranche beigetragen haben. Diese steckt immer noch tief in der Krise, wie auch die Zahl der Baugenehmigungen zeigt, die 2024 auf den niedrigsten Stand seit 2010 eingebrochen ist. Weitere Zinssenkungen würden für günstigere Finanzierungskonditionen sorgen, wodurch Bau und Industrie etwas Fahrt aufnehmen dürften. In der ZEW-Umfrage „hat die Erwartungshaltung an Zinssenkungen der EZB in den kommenden sechs Monaten an Intensität gewonnen“, betont Valentin Jansen von der NordLB. Eine weitere Zinssenkung auf der EZB-Ratssitzung am 6. März gilt als gesetzt.

Trotz der verhängten, aber noch nicht in Kraft getretenen US-Zölle zeigen sich die Umfrageteilnehmer generell positiver gestimmt als zuletzt. So wurde die aktuelle Lage für den Euroraum (+8,5 Saldenpunkte), die USA (+2,5) und China (+8,6) durchweg besser eingeschätzt. Die Sicht auf die kommenden Monate hat sich hingegen nur für den Euroraum(+6,2) und China (+2,8) verbessert. Die Einschätzung für die USA ist − wohl auch wegen der angekündigten Entlassungen in der öffentlichen Verwaltung − um 7,7 Punkte gesunken.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.