Energiewende

Boris Johnson setzt auf Atom­kraft und Nordsee­gas

Der britische Premierminister hat der Atomkraft eine Hauptrolle bei der Energiewende zugedacht. Bis zu acht neue Kernkraftwerke sollen bis 2030 gebaut werden. Zudem setzt er auf Nordseegas.

Boris Johnson setzt auf Atom­kraft und Nordsee­gas

hip London

Der britische Premierminister Boris Johnson hat sich für den Bau von bis zu acht neuen Kernkraftwerken entschieden. „Atomkraft ist eine verlässliche, sichere und konstante Quelle sauberer Energie“, verlautbarte er per Twitter. Zudem kündigte er für den Sommer eine Lizenzvergaberunde für neue Öl- und Gasprojekte in der Nordsee an, um die Importabhängigkeit des Landes zu reduzieren. Nordseegas habe einen kleineren CO2-Fußabdruck als eingeführtes Gas.

Die neue Energiestrategie der Regierung soll den Anteil von Atomkraft und erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2030 von derzeit 55 % auf 95 % steigern. Die Zulassungsverfahren für Offshore-Windparks werden beschleunigt. Angestrebt werden 50 GW bis 2030. Dem Wirtschaftsministerium zufolge wäre das genug, um jeden britischen Haushalt mit Strom zu versorgen. Zudem ist geplant, die Regeln für die Installation von Solaranlagen auf Hausdächern und Gewerbeimmobilien zu reformieren, wodurch sich die Kapazität bis 2035 verfünffachen könnte. Onshore-Windkraftanlagen sind dagegen kein großes Thema. Dagegen hatte sich unter Tory-Angeordneten Widerstand formiert. Zwar sollen die strengeren Zulassungsverfahren auf den Prüfstand gestellt werden, die nach dem Ende der Subventionierung 2015 für ein faktisches Moratorium gesorgt haben. Allerdings wurden für den Ausbau der Onshore-Windkraft keine klaren Ziele formuliert. Johnson sagte, Großbritannien verfüge bereits über rund 30 GW Onshore-Kapazität. Neue Anlagen seien wegen ihrer Optik umstritten.

Um den Bau von Atomkraftwerken zu beschleunigen, wird eine neue Körperschaft eingerichtet: Great British Nuclear. Bis 2050 soll ein Viertel der Energienachfrage mit Atomstrom bedient werden. Derzeit befindet sich nur ein Atomkraftwerk im Bau: Hinkley Point C. Das Projekt sorgt regelmäßig durch steigende Kosten und weitere Verzögerungen seiner Fertigstellung für Schlagzeilen. Die Produktion von Wasserstoff soll bis 2030 auf 10 GW verdoppelt werden. Bei mindestens der Hälfte davon soll es sich um „grünen“ Wasserstoff handeln.

Der Stromnetzbetreiber ESO (Electricity System Operator), der bislang der FTSE-100-Gesellschaft National Grid gehörte, wird verstaatlicht, wie bereits am Mittwoch bekannt wurde. Er soll in einem Future Systems Operator (FSO) aufgehen, der sich neben dem Stromnetz auch um andere Dinge wie CO-Abscheidung und Offshore-Windkraft kümmern wird. „Ein vollständig unabhängiger Betreiber wird dazu beitragen, das britische Energiesystem zu transformieren und die Rechnungen der Kunden zu senken“, sagte Jonathan Brearley, der Chef des Regulierers Ofgem. Ziel sei ein „intelligentes, effizientes und flexibles System“. National Grid werde „angemessen entschädigt“.

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