Budapest brüskiert Brüssel erneut
Die Hoffnungen der Europäischen Union, noch am Mittwoch eine Sanktionseinigung in Bezug auf russisches Öl zu erzielen, sind am Widerstand Ungarns zunächst gescheitert. Die Vertreter von Premier Viktor Orban hätten bereits verworfene Forderungen in der Nacht erneut eingebracht und neue Bedingungen gestellt, berichten mit den Gesprächen vertraute Personen.
Wie zu hören ist, forderte Budapest bei Verhandlungen auf Botschafterebene in Brüssel plötzlich, der oberste Geistliche der russisch-orthodoxen Kirche müsse von der EU-Entwurfsliste der sanktionierten Personen gestrichen werden. Patriarch Kirill gilt als lautstarker Unterstützer von Wladimir Putin und seinem Krieg in der Ukraine.
Diese Forderung habe Orban beim Gipfel mit den anderen EU-Staats- und Regierungschefs am Montag noch nicht gestellt, hieß es. Darüber hinaus habe Budapest auch seine bereits abgelehnte Position erneut eingebracht, im Lande erzeugte Raffinerieprodukte aus russischem Öl exportieren zu dürfen. Das untersagt der Sanktionsvorschlag explizit und diese Forderung Orbans sei beim Gipfel abgelehnt worden.
Budapest überschreitet Grenze
Mit seiner neuen Blockade habe Ungarn eine Grenze überschritten, hieß es bei einem Teilnehmer. Die Stimmung sei nicht gut. Ein Sprecher der ungarischen Regierung antwortete nicht umgehend auf eine Bitte um Stellungnahme.
Die vorgeschlagenen Sanktionen sollen die Einfuhr von russischem Erdöl auf dem Seeweg verbieten. Eine Ausnahme soll für den Bezug von Öl via Pipeline gemacht werden, als Zugeständnis an Ungarn und andere EU-Binnenstaaten.
Beim EU-Gipfel schien bei den Verhandlungen bereits ein Durchbruch gelungen. Sanktionsentscheidungen der Union benötigen die einhellige Zustimmung aller 27 Mitgliedsstaaten. Beim jüngsten Maßnahmenpaket stellt sich Orban seit Wochen quer.
Die EU-Botschafter werden informierten Kreisen zufolge womöglich am heutigen Donnerstag in Luxemburg einen neuen Versuch starten, das sechste EU-Sanktionspaket gegen Russland unter Dach und Fach zu bringen.