Bund macht noch mehr Schulden
wf Berlin
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plant für 2022 eine Neuverschuldung von rund 100 Mrd. Euro – knapp 20 Mrd. Euro mehr als bislang in den Eckpunkten aus dem März geplant. Dies wurde in Berlin aus Koalitionskreisen bekannt. Die Schuldenbremse soll im nächsten Jahr wegen der Coronakrise erneut und ein drittes Mal ausgesetzt werden. Das Bundesfinanzministerium äußerte sich nicht zu der Nachricht. Eine Sprecherin erklärte, das Haushaltsaufstellungsverfahren laufe aktuell noch. Das Bundeskabinett wird am kommenden Mittwoch, den 23. Juni, den Etatentwurf 2022 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2025 beschließen.
Zuletzt hatte das Bundeskabinett Ende März die Eckwerte für den nächsten Bundeshaushalt und die Finanzplanung beschlossen. Bei Ausgaben von knapp 420 Mrd. Euro war eine Nettoneuverschuldung von 81,5 Mrd. Euro vorgesehen. Zugleich hatte das Kabinett einen Nachtragshaushalt für dieses Jahr beschlossen, der die Neuverschuldung 2021 um 60,4 auf 240,2 Mrd. Euro nach oben treibt. Die Schuldenbremse solle von 2023 wieder eingehalten werden. Der Bund darf danach bis 0,35% des Bruttoinlandsproduktes über Kredite einnehmen. 2023 und 2024 kann der Bund noch Haushaltslöcher aus der sogenannten Flüchtlingsreserve von rund 48 Mrd. Euro stopfen.
Zusätzliche Ausgaben
Ursache für die höheren Kredite und Abweichung von den Eckwerten aus dem März im Haushaltsjahr 2022 dürften in höheren Ausgaben liegen, denn die Steuerschätzer hatten im Mai erfreuliche Nachrichten für den Bund: Sie korrigierten die Einnahmen für das nächste Jahr zwar um per saldo 2,0 Mrd. Euro auf 314,6 Mrd. Euro nach unten im Vergleich zur Novemberschätzung 2020. Davon entfielen aber 9,1 Mrd. Euro Steuerausfälle auf Steuerrechtsänderungen, die für die Regierung vorhersehbar und einkalkulierbar sind. Die Steuerschätzer nehmen Gesetzesnovellen erst auf, wenn alle parlamentarischen Hürden genommen sind. Im Gegenzug stellten sie dem Bund im Vergleich zum November 6,9 Mrd. Euro mehr Einnahmen wegen der besseren Konjunktur in Aussicht.
Mehr Ausgaben fallen – wie zu hören ist – für die Sozialgarantie in der gesetzlichen Krankenversicherung, für die Pflege oder den Verteidigungsetat an. Anders als sonst wird der Etat in einem Wahljahr gewöhnlich nicht mehr im November im Bundestag verabschiedet, sondern erst von der neuen Bundesregierung neu verhandelt und überarbeitet.