Bund will Strompreis dämpfen
ba/Reuters Frankfurt
Im Kampf gegen rasant steigende Energiepreise dämpft der Bund in einem ersten Schritt die Stromtarife mit Milliardenhilfen. Knapp 13 Mrd. Euro würden zugeschossen, um die Gebühren von Haushalten und Industrie für die Nutzung der Übertragungsnetze auf aktuellem Niveau zu stabilisieren, erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch. Ohne die Hilfe hätten sich die Entgelte verdreifacht. Die Netzbetreiber hatten zuvor erklärt, dass die Gebühren bei gut 3 Cent bundesweit einheitlich bleiben.
Bei Haushaltskunden schlagen die Kosten für die Übertragungsnetze mit etwas unter 10% des Gesamt-Strompreises zu Buche. Bei Industriekunden etwa aus der Chemie- oder Stahlbranche sind es bis zu einem Drittel. Hintergrund der gestiegenen Kosten sind die großen Ungleichgewichte im europäischen Stromnetz etwa wegen des Ausfalls vieler französischer Atomkraftwerke.
Die Energiekrise sorgt zwar besonders in den energieintensiven Industrien für Produktionsrückgänge, trifft aber das verarbeitende Gewerbe insgesamt „bis ins Mark“, wie es in einer Studie der Deutschen Bank heißt. 2022 dürfte die Produktion um 2,5% und im kommenden Jahr dann um rund 5% schrumpfen. Studienautor Eric Heymann zufolge könnte die aktuelle Zeit der Energiekrise als „Ausgangspunkt für eine beschleunigte Deindustrialisierung in Deutschland“ betrachtet werden.
Heymanns Pessimismus für den Industriestandort Deutschland richtet sich besonders auf kleine und mittelgroße Unternehmen. Für den „Mittelstand, insbesondere in den energieintensiven Branchen, wird die Anpassung an eine neue Energiewelt eine größere Herausforderung, an der manche Unternehmen scheitern werden“. Dagegen könnten große Unternehmen ihre Aktivitäten besser internationalisieren und ihre Produktionsstandorte besser nach ihren individuellen Kosten- und Kundenstrukturen wählen.
Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der gesamten hiesigen Bruttowertschöpfung, der 2016 bei 22,9% gelegen hatte und 2021 noch bei 20,8%, werde voraussichtlich sinken. Die künftige Regulierung der Energiemärkte und Energiepreise sei ein wichtiger Unsicherheitsfaktor und werde die Entwicklung der deutschen Industrie „maßgeblich beeinflussen“, schreibt Heymann. Während die geplanten Gas- und Strompreisbremsen zwar die negativen Folgen der hohen Energiepreise für die Unternehmen abmilderten, würde es „den Staat jedoch finanziell überfordern, wenn er auch mittelfristig die Energiepreise für industrielle Endkunden (vor allem Gas) spürbar subventionieren wollte“.
Die nun von Habeck avisierten knapp 13 Mrd. Euro sollen zunächst vom Konto zur Förderung Erneuerbarer Energien (EEG-Konto) genommen werden. Dort liegen rund 18 Mrd. Euro, die derzeit für Subventionen der Wind- oder Solarenergie nicht benötigt werden. Wegen der hohen Strompreise rechnen sich Bau und Betrieb momentan auch ohne Zuschüsse.