Mittelstand

Chefs im Mittelstand locken Spitzenkräfte mit Lohnplus

Der Mittelstand will trotz der verschlechterten wirtschaftlichen Lage die Zahl der Belegschaftsmitglieder halten oder sogar erhöhen.

Chefs im Mittelstand locken Spitzenkräfte mit Lohnplus

cru Frankfurt

Inmitten des anhaltenden wirtschaftlichen Gegenwinds planen 39% der Führungskräfte im deutschen Mittelstand, ihre Belegschaft im kommenden Jahr aufzustocken, und 38% planen, ihre derzeitige Belegschaft zu halten. Das geht aus dem German Business Leaders Outlook von J.P. Morgan hervor, für den Ende 2022 mehr als 250 CEOs, CFOs und Eigentümer im deutschen Mittelstand befragt wurden.

In Anbetracht der aktuellen Arbeitsmarktlage ergreifen Mittelständler, die eine Aufstockung oder Beibehaltung des Personalbestands planen, eine Reihe von Maßnahmen, um Talente anzuziehen und zu halten: Dazu gehören die Anhebung der Löhne und Sozialleistungen (52%), das Angebot von flexiblen Arbeitszeiten (51%) und das Angebot von Weiterbildungs- und Schulungsmöglichkeiten (44%) sowie Investitionen in Automatisierungstechnik (40%).

Laut Bernhard Brinker, Head of Commercial Banking für die deutschsprachige Region bei J.P. Morgan, ist der deutsche Mittelstand „robust, auch in Krisenzeiten“: „Weniger optimistisch sind die Verantwortlichen hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Lage“, sagt Brinker. „Immerhin rechnen fast 60% der Befragten mit einer Rezession im Jahr 2023.“ Und im Vergleich zum Jahr 2022 seien mehr Menschen pessimistisch, was die globale (24%) und nationale (28%) Wirtschaft betrifft.

Nicht nur Kosten bremsen

Dennoch träten Unternehmen nicht pauschal auf die Kostenbremse. Im Gegenteil: Fast 80% wollen ihre Belegschaft halten oder sogar ausbauen. Rund 60% erwarten steigende Gewinne und fast jedes zweite Unternehmen möchte international expandieren.

„Energiepreise und Inflation treiben den Mittelstand um“, konstatiert Brinker. „Interessant ist, dass Unternehmen mögliche Cyberangriffe und Betrug als zweitgrößte Bedrohung sehen.“ Erst dann kämen der Krieg in der Ukraine, die Marktvolatilität, höhere Finanzierungskosten oder die Entwicklung in China.

ESG-Marketing tief verankert

Vertraut man den Umfrageergebnissen, dann ist das Thema ESG (Umwelt, Soziales, Governance) im Mittelstand tief verankert. „Meiner Meinung nach geht es den Unternehmen nicht einfach darum, gut auszusehen, sondern in Sachen ESG wirklich das Richtige zu tun, neue Kunden zu gewinnen und ihr Marketing zu verbessern“, sagt Brinker. „Viele Unternehmen bauen ihre eigene Energieversorgung – oftmals grüne Energie – durch eigene Wind- und Solarparks oder Beteiligungen an entsprechenden Projekten auf. Auch hier zeigt sich der Pragmatismus des deutschen Mittelstands.“

Der Manager zieht Schlussfolgerungen zur Mittelstandsstrategie von J.P. Morgan in Deutschland: „Das Thema Cybersecurity wird in den Gesprächen sicherlich weiter an Bedeutung gewinnen. Wie sind Unternehmen auf der Treasury-Seite diesbezüglich aufgestellt, sind die Systeme und Prozesse State of the Art?“ Hinzu komme das Thema Diversifizierung der Finanzierungsbasis, auch vor dem Hintergrund der Lieferkettenstörungen. Viele Unternehmen bauen Lagerbestände auf, um mehr Flexibilität und Sicherheit zu haben. Dies wirkt sich auf das Working Capital aus und erhöht den Finanzierungsbedarf. „Gerade Un­ternehmen, die eine hohe Schuldenlast haben, müssen überlegen, ob sie ihre Finanzierungsstruktur überdenken sollten“, meint Brinker.