Pelosi-Besuch

China eskaliert Taiwan-Konflikt

Chinas erboste Reaktionen auf den Besuch der US-Politikerin Nancy Pelosi in Taiwan nehmen immer groteskere Formen an. Das Verhältnis der beiden Supermächte erreicht einen neuen Tiefpunkt.

China eskaliert Taiwan-Konflikt

nh Schanghai

Auch zwei Tage nach dem kontroversen Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi auf der von China beanspruchten Insel Taiwan ist die chinesische Regierung nicht bereit, Tempo herauszunehmen: Sie steigert an die USA gerichtete „Strafmaßnahmen“ sowie Drohungen gegenüber anderen G7-Ländern, die das Vorgehen Pekings scharf kritisieren. Am Freitag verkündete das Pekinger Außenministerium einen kategorischen Verzicht auf jegliche Form der Kooperation mit den Vereinigten Staaten im Verteidigungsbereich sowie in einer Reihe anderer zentraler Themen. Darunter sind insbesondere Klimawandel, Sicherheit auf See, Verbrechens- und Drogenbekämpfung.

Künftig sollen keine Arbeitstreffen mit dem US-Verteidigungsministerium stattfinden, und auch der „militärische Dialog“ ruht. Offen bleibt, ob dies auch den „heißen Draht“ zwischen Führungsspitzen der Streitkräfte beider Länder betrifft, der zur Vermeidung von Missverständnissen gedacht ist, die akute kriegerische Handlungen zwischen den Atommächten auslösen könnten. Zusätzlich verkündete das Außenministerium als mehr symbolischen Akt direkt auf Pelosi und Familienangehörige gerichtete „Sanktionen“.

Eine Sprecherin des Ministeriums warf Pelosi mit der Taiwan-Visite eine Verletzung von Chinas Souveränität und territorialer Integrität vor. Sie habe boshaft und provokativ gehandelt und die Ein-China-Politik „mit Füßen getreten“. Pelosi hatte am Mittwoch in Taipeh Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen sowie Parlamentarier und Wirtschaftsvertreter getroffen. Sie sicherte der demokratisch regierten Insel volle Unterstützung seitens der USA vor der laufenden Bedrohung einer gewaltsamen „Wiedervereinigung“ mit dem Festland bei Machtübernahme durch die Kommunistische Partei zu.

Diplomatische Verweigerung

Pelosi war nach einem Zwischenaufenthalt in Südkorea, bei dem sich Regierungschef Yoon Suk-yeol einem direkten Treffen mit ihr entzogen hatte, in Tokio zu Gast. Sie wurde von Premier Fumio Kishida empfangen. Dieser übte insbesondere scharfe Kritik an Chinas militärischen Reaktionen mit einem rund um Taiwan abgehaltenen Manöver der Streitkräfte und dem Abschuss von Testraketen, die erstmals in Japans wirtschaftlicher Seezone zugehörigen Gewässern landeten. China weitete die Manöver am Freitag auf eine Weise aus, die eine völlige Seeblockade Taiwans und die Verriegelung der in der globalen Handelsschifffahrt extrem stark frequentierten Taiwan-Meeresstraße simuliert.

China hatte bereits am Donnerstag ein Treffen seines Außenministers Wang Yi mit dessen japanischem Pendant Yoshimasa Hayashi wieder abgesagt. Dies sollte als Protest gegen ein Statement der Vertreter der G7-Staaten gelten, mit dem die aggressiven Reaktionen auf die Pelosi-Visite gegeißelt wurden. In einem weiteren Schritt ließ das Außenministerium die jeweiligen Botschafter der G7-Staaten in Peking einberufen um sie wegen der Riposte der G7 abzukanzeln.

Die diplomatische Verweigerungshaltung gegenüber Ländern, die Chinas aggressives Vorgehen in der Taiwan-Politik ablehnen, hat sich auch auf einem Außenministertreffen im Rahmen einer Konferenz der südostasiatischen Asean-Staaten in Kambodscha fortgesetzt. Dort waren neben den Asean-Vertretern auch US-Außenminister Antony Blinken, Russlands Außenminister Sergej Lawrow sowie Wang und Hayashi anwesend. Wang entzog sich dabei einem Gespräch unter vier Augen mit Blinken. Zudem verließen Wang und Lawrow demonstrativ den Saal, als Japans Außenminister Hayashi zu einer Rede ansetzte.

Der US-Außenminister bezeichnete bei seinem Redeauftritt in Phnom Penh die von China abgehaltenen Militärmanöver als eine unverhältnismäßige und ungerechtfertigte Eskalation. Blinken zeigte sich allerdings bemüht, kein weiteres Öl ins Feuer zu gießen. Er betonte, dass die USA ihrerseits keine Maßnahmen ergreifen würden, um die Krise weiter hochzuschaukeln. Washington werde aber die regionalen Alliierten weiter unterstützen und dafür sorgen, dass der Schiffsverkehr durch die Taiwan-Straße abgesichert bleibe.

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