Konjunktur

China rutscht in die Deflation ab

Chinas Verbraucherpreise sind im Juli um 0,3% gegenüber Vorjahr zurückgegangen. Der Übergang ins Deflationsterritorium rückt Chinas Konjunkturschwäche erst recht ins Scheinwerferlicht.

China rutscht in die Deflation ab

China rutscht ins Deflationsterritorium ab

Konsumpreisbarometer fällt ebenso wie Produzentenpreisindex ins Minus – Konjunkturschwäche wird immer sichtbarer

nh Schanghai

Als jüngster Reflex einer offensichtlichen Konjunkturschwäche in China sind die Verbraucherpreise im Reich der Mitte erstmals seit zweieinhalb Jahren wieder ins Minus gegangen. Da die Erzeugerpreise bereits seit Monaten kontinuierlich sinken, befindet man sich nun auf beiden Seiten des Preisentwicklungsspektrums im Deflationsterritorium. Nach Angaben des Pekinger Statistikbüros lagen die durchschnittlichen Konsumpreise im Juli um 0,3% unter Vorjahresmonat, während der Produzentenpreisindex um 4,4% sank.

Für die Marktteilnehmer bedeuten die neuen Preisdaten keine große Überraschung mehr. Nachdem Chinas Einkaufsmanagerindizes und eine Reihe von Frühindikatoren Hinweise für eine weitere Entschleunigung der Konjunktur lieferten, hatten die Analysten bereits auf eine leichte Deflation getippt. Schließlich war die Inflationsrate schon im Juni auf die Nulllinie gegangen, nachdem man im April und Mai nur noch winzige Anstiegsraten um 0,1 und 0,2% verzeichnet hatte. Dies findet seine Entsprechung im Schwungverlust der chinesischen Wirtschaft, die ab dem zweiten Quartal an die Erholungsbewegung nach Abschaffung der Null-Covid-Politik nicht mehr anknüpfen konnte.

In Einzelbetrachtung der Inflationskomponenten sieht man, dass der Abwärtsdruck von den volatileren Komponenten wie Energieträger und Lebensmittel herrührt. Im Juli sind die Treibstoffpreise um 13% gegenüber Vorjahresmonat gesunken, während Lebensmittel sich insgesamt um 1,7% verbilligten. Dabei spielte das mit hohem Gewicht in den Warenkorb eingehende Schweinefleisch eine besonders wichtige Rolle. Hier sank der Preis im Juli mit 30% nochmals stärker als in den Vormonaten.

Konsumbremse

Bei den übrigen Verbrauchsgütern sieht man eine Entwicklung, die ziemlich genau die Eindrücke der Ökonomen zu den Schwachstellen der chinesischen Konsumkonjunktur widerspiegelt. Während der Tourismussektor sowie das Gaststätten- und Unterhaltungsgewerbe nach dem Wegfall von Coronasperren naturgemäß eine kräftige Erholung durchmachen, führt ein sichtlich gedrücktes Konjunkturvertrauen zur Zurückhaltung bei größeren Anschaffungen. Entsprechend sieht man kräftige Preiserhöhungen bei Flügen, Hotelübernachtungen und Unterhaltungsangeboten, während die Preise für Pkw, Smartphones und andere elektronische Konsumartikel im mittleren einstelligen Bereich sinken. Zudem sorgt Chinas schwacher Immobilienmarkt dafür, dass die Preise für Wohnungseinrichtungen und Haushaltsgeräte weiter nach unten tendieren.

Als Lichtblick werten die Analysten allerdings, dass die um Lebensmittel- und Energiepreise bereinigte Kerninflationsrate überraschend kräftig von 0,4% auf 0,8% anzog. Dies gilt als ein Signal für eine Belebung der Binnennachfrage. Etwas Entwarnung deutet sich auch auf Ebene der Erzeugerpreise an. Diese waren in der ersten Jahreshälfte kontinuierlich stärker ins Minus gegangen, doch könnte der Höhepunkt nun überschritten sein. Im Juli fiel ihr Rückgang mit 4,4% nach 5,6% im Juni geringer aus.

Mit Blick auf die Bewegung bei der Kerninflationsrate sind sich Analysten uneinig, ob man aus den Juli-Preisdaten ernstere Deflationsgefahren herauslesen kann. Seitens des Statistikbüros wurde am Mittwoch energisch darauf hingewiesen, dass eine “echte Deflation” mit einem Rückgang der Verbraucherpreise in drei aufeinanderfolgenden Monaten nicht zu erwarten sei. Vielmehr werde man in der zweiten Jahreshälfte eine Kräftigung der Konjunktur mit graduellem Anziehen der Verbraucherpreise erleben.

Kommentar zur Deflation in China

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.