China setzt Zeichen mit Zinslockerung
nh Schanghai
Im Anschluss an die eher überraschend gekommene Senkung der Zinsraten für Refinanzierungslinien der chinesischen Geschäftsbanken bei der Zentralbank sind am Montag auch die damit eng verbundenen Referenzzinsen für Unternehmens- und Hypothekenkredite in China angepasst worden. Im Rahmen des monatlich erfolgenden Fixings der sogenannten Loan Prime Rate (LPR) wurde die Zins-Benchmark für einjährige Kreditvergaben an Unternehmen um 5 Basispunkte von 2,7 auf 2,65% gesenkt, während die für Hypothekenkredite maßgebliche LPR in der fünfjährigen Laufzeit etwas kräftiger um 15 Basispunkte von 4,45 auf 4,3% zurückgeht.
Vorige Woche hatte die People’s Bank of China (PBOC) in Reaktion auf enttäuschende Konjunkturdaten für Juli die für ihre geldpolitische Linie maßgeblichen Zinsen für einjährige Gelder im Rahmen der Medium-Term Lending Facility (MLF), mit der sich die Kreditinstitute laufend bei der Zentralbank refinanzieren, um 10 Basispunkte auf 2,75% gesenkt. Gleichzeitig kam es zu einer Verbilligung der Konditionen bei einwöchigen Geldmarktgeschäften: Bei Reverse Repurchase Agreements (Repos) fiel die Zinsrate um ebenfalls 10 Basispunkte auf 2%.
Die von einem Kreis ausgewählter Großbanken jeweils um den 20. eines Monats unter Anleitung der PBOC austarierten LPR-Vorgaben sind als eine Vorzugsrate für beste Kunden gedacht und geben damit eine Untergrenze bei der Stellung von Kreditkonditionen ab, die als ein Quasi-Leitzins fungiert. Dabei fällt auf, dass die Vorgaben der PBOC diesmal asymmetrisch umgesetzt wurden, indem die Benchmark für Unternehmenskredite nur minimal um 0,05 Prozentpunkte fällt, der Eckzins für Hypothekenkredite aber um 0,15 Prozentpunkte sank.
Mit dem Fokus der Zinslockerungsgeste auf Hypothekenkredite sendet Chinas Zentralbank ein Signal, dass die monetäre Unterstützung der stark angegriffenen Konjunktur vor allem auf die Probleme am heimischen Immobilienmarkt gemünzt ist. Ausgehend von Verschuldungsexzessen und Liquiditätsproblemen bei Dutzenden großer Immobilienentwickler hat sich am chinesischen Wohnungsmarkt eine Vertrauenskrise mit einem scharfen Rückgang der Neuwohnungskäufe und einer seit einem Jahr ununterbrochenen Abkühlung der Wohnimmobilienpreise eingestellt.
Die Situation hat sich weiter verschärft, nachdem im Juli lose organisierte Gruppen von Wohnungskäufern damit begannen, ihre Hypothekenkredite auf vorbezahlte Objekte in Immobilienprojekten, die wegen der Bauträgerkrise verzögert oder unterbrochen wurden, nicht zu bedienen. Daraus entstand eine landesweite Boykottaktion von geprellten Kreditnehmern, die Chinas Finanzregulatoren vor erhebliche Probleme stellt und nach staatlichen Auffanglösungen für Bauträger und ihre verzögerten Immobilienprojekte suchen lässt.
Gegenwärtig arbeitet die Zentralbank an einer Fondslösung, die Mittel für eine Beschleunigung von hypothekenseitig boykottierten Immobilienprojekten mobilisiert, gleichzeitig springen vermehrt Lokalregierungen mit öffentlichen Geldern ein. Am Freitag hatte die PBOC in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Finanzministerium und dem Wohnbauministerium ein von staatlichen Förderbanken aufgelegtes Sonderkreditprogramm angekündigt, das zur Finanzierung festgefahrener Wohnimmobilienprojekte dienen soll.
Am Montag ließ die Zentralbank eine weitere Erklärung vom Stapel, in der die staatlichen Großbanken dazu aufgefordert werden, ihr Kreditvergabetempo zu steigern und dabei der Realwirtschaft dienliche Sektoren zu unterstützen. Dabei heißt es, die Banken müssten „vernünftige Finanzierungsbedürfnisse“ der Immobilienwirtschaft alimentieren. Bei der jüngsten Verbreitung von monetären Daten für den Monat Juli war ein starker Rückgang der Neukreditvergabe der Banken und auch des gesamten Finanzierungsaufkommens einschließlich der Kapitalmarkttransaktionen (Total Social Financing) aufgefallen.