China-Konjunktur

Chinas Stimmung kräftig eingetrübt

Neue Einkaufsmanagerdaten lassen die Alarmglocken für Chinas Konjunktur läuten. Im Industrie- wie auch Dienstleistungsgewerbe zeichnet sich eine heftige Stimmungseintrübung ab.

Chinas Stimmung kräftig eingetrübt

nh Schanghai

In China verdichten sich die Anzeichen für einen beträchtlichen konjunkturellen Schwungverlust. Damit droht der postpandemische Erholungsprozess der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft aus den Fugen zu geraten. Die neueste Einkaufsmanagererhebung für den Monat August zeigt eine weitere Stimmungseintrübung im Industriesektor, der unter einer Erzeugerpreishausse sowie globalen Lieferengpässen leidet. Das Dienstleistungsgewerbe hingegen erlitt wegen der Restriktionen im Zusammenhang mit einem Ausbruch der Delta-Variante des Coronavirus einen schweren Rückschlag.

Der vom Pekinger Statistikbüro und dem nationalen Logistikverband erstellte Purchasing Manager Index (PMI) für Chinas Industrie ist im August von 50,4 auf 50,1 Punkte gesunken und steht damit denkbar knapp über der sogenannten Expansionsschwelle bei 50 Punkten, mit der zwischen einer Wachstums- und Schrumpfungstendenz im Sektor unterschieden wird. Bei nur noch hauchdünnem Zuwachs des Indus­trie-Outputs gegenüber Juli zeichnet sich ein weiterer gradueller Schwungverlust im verarbeitenden Gewerbe ab. Tatsächlich landet man mit gut 50 Zählern beim niedrigsten Stand seit den Anfängen der Corona-Pandemie, als Chinas Industrie einen kurzzeitigen Einbruch erlitt, sich dann aber rasch wieder fing (siehe Grafik).

Exportsektor schwächelt

Zwar ist China im Nachgang zur ersten Coronawelle vom Winter 2020 eine sogenannte V-förmige Erholung geglückt, mit der sich eine Wirtschaft nach einem heftigen Einbruch idealerweise wieder rasch erholt. Allerdings hat das positive Momentum nur bis zum Frühjahr angehalten. Seit April sieht man eine rückläufige Entwicklung beim Industrie-PMI, die befürchten lässt, dass der Sektor ab September in den Schrumpfungsmodus übergeht.

Dabei macht sich vor allem in der Exportwirtschaft eine rapide Stimmungseintrübung bemerkbar. Der entsprechende Subindex für neue Exportaufträge ist mit 46,7 Punkten deutlich unter die Expansionsschwelle gerutscht. Auch der Indikator für Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe ging im August unter die 50-Punkte-Marke.

„Nulltoleranz“ kostet Körner

In Chinas Dienstleistungsgewerbe wiederum scheint der erste Ausbruch der Covid-Delta-Variante wie ein Blitz eingeschlagen zu haben. Trotz niedriger Fallzahlen reagierten Lokalregierungen im Einklang mit Chinas „Nulltoleranzpolitik“ in Sachen Corona mit drastischen partiellen Lockdown-Maßnahmen und Bewegungseinschränkungen. Damit ist in der schulfreien Sommersaison das sonst boomende Tourismusgeschäft zum Erliegen gekommen, während chinaweit praktisch sämtliche Kongresse, Messen und Entertainment-Veranstaltungen abgesagt wurden. Der gewöhnlich stets im Expansionsterritorium verharrende PMI für Dienste reflektiert dies mit einem drastischen Absturz von 53,3 auf 47,5 Punkte. Dabei wurde das Barometer aber noch vom weiter lebhaften Baugewerbe unterstützt, dessen Performance im Dienste-PMI des Statistikbüros mit abgebildet wird.

Zwar ist es China gelungen, den ersten Delta-Ausbruch wieder unter Kontrolle zu bringen, die Verwerfungen im Dienstleistungssektor könnten aber noch über den September hinweg anhalten. Sorge macht Chinas Wirtschaftsplanern dabei die zunehmend ungleichgewichtige Konjunkturentwicklung mit noch immer heftigen Schleifspuren beim Konsum und entsprechend geringen Aussichten für einen nachhaltigeren konsumgeleiteten Aufschwung. China ist im bisherigen Jahresverlauf nicht zuletzt aufgrund von statistischen Basiseffekten überdurchschnittlich kräftig gewachsen und steigerte das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal um 7,9%. Für das dritte und vierte Quartal zeichnet sich nun eine starke Drosselung des Wachstumstempos ab, was die Rufe nach fiskalischen und monetären Stimulierungsmaßnahmen lauter werden lässt. Allerdings dürfte Peking das Pulver weitgehend trocken halten, da die diesjährige offizielle Wachstumsvorgabe von mindestens 6% aufgrund der Basiseffekte in der ersten Jahreshälfte noch immer spielend eingehalten werden kann. Die China-Ökonomen haben in den letzten Wochen zwar ihre Prognosen für das Gesamtjahr 2021 revidiert, liegen aber immer noch im Mittel bei einem BIP-Zuwachs von etwa 8%.

Wertberichtigt Seite 8

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