DekaBank kritisiert EZB-Kommunikation
ms Frankfurt
Die DekaBank kritisiert die aktuelle geldpolitische Kommunikation der Europäischen Zentralbank (EZB) und fordert mehr Klarheit von den Euro-Währungshütern. „Die Kommunikation der EZB ist derzeit nicht frei von Lücken und Widersprüchen“, schreibt Kristian Tödtmann im Kommentar zum neuen Deka-Zinskompass, der jeweils vor einer geldpolitischen Sitzung in der Börsen-Zeitung erscheint. Der EZB-Rat müsse „klarere Leitlinien für die Geldpolitik in den kommenden Jahren herausarbeiten“. „Ein solcher Konsens würde die Glaubwürdigkeit der EZB erhöhen und damit auch ihre Fähigkeit verbessern, die Markterwartungen in ihrem Sinne zu beeinflussen“, so Tödtmann.
Konkret kritisiert Tödtmann, dass die EZB günstige Finanzierungsbedingungen zum „Mantra“ der Geldpolitik erklärt habe, ohne zu erläutern, wie sie diese messen wolle oder welches Niveau sie für angebracht halte. Das trage dazu bei, dass nach den verschiedenen Aussagen von Notenbankern zum jüngsten Anstieg der Euro-Anleiherenditen an den Märkten Unsicherheit über die Reaktionsfunktion der EZB herrsche. Statt des allgemeinen Versprechens günstiger Finanzierungsbedingungen brauche es klare Leitplanken. Dabei solle die EZB „den wirtschaftlichen Ausblick wieder stärker in den Mittelpunkt ihrer Kommunikation rücken“.
Der EZB-Rat hat es in den vergangenen Monaten immer und immer wieder als Ziel herausgestellt, in der Coronakrise die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen, Haushalte und Staaten günstig zu halten. Details blieb er bislang aber weitgehend schuldig. Jetzt allerdings hat der spürbare Anstieg der Euro-Staatsanleiherenditen die Debatte befeuert, was die EZB genau meint. Vor der Zinssitzung am Donnerstag hatten sich Euro-Hüter teilweise sehr unterschiedlich über die Folgen des Renditeanstiegs für die Euro-Wirtschaft und über den geldpolitischen Handlungsbedarf geäußert.
Tödtmann räumt ein, dass die EZB gerade in einem von erhöhter Unsicherheit geprägten Umfeld ihren zukünftigen Kurs nicht bis ins Detail verbindlich ankündigen könne. Das Ziel günstiger Finanzierungsbedingungen sei zudem „eine Kompromissformel, mit der es der EZB zumindest vorübergehend gelungen ist, Konflikte unter den Ratsmitgliedern über den längerfristig angemessenen Kurs der Geldpolitik zu übertünchen“. Jetzt aber führe das dazu, dass unklar sei, auf welche Weise die EZB auf erwartete und unerwartete Entwicklungen reagiert.
„Um diesen Fehler zu beheben, könnte sie das Konzept der günstigen Finanzierungsbedingungen mit mehr Substanz anreichern“, so Tödtmann. Damit würde sie aber zumindest implizit ein Commitment über ihren zukünftigen Instrumenteneinsatz abgeben. „Wenn sie dies nicht kann oder will, sollte sie einen anderen Weg wählen und den wirtschaftlichen Ausblick wieder stärker in den Mittelpunkt ihrer Kommunikation rücken“, so Tödtmann. Die Finanzierungsbedingungen sollten zwar in den makroökonomischen Projektionen berücksichtigt sein und sie könnten weiter eine wichtige Rolle in der Argumentation der EZB spielen. „Nur sollte sie nicht versuchen, die Markterwartungen durch das Versprechen günstiger Finanzierungsbedingungen zu steuern, solange dieser Begriff selbst im EZB-Rat so unterschiedlich ausgelegt wird“, findet Tödtmann.
Laut dem neuen Kompass hat sich der Renditeanstieg bislang nicht in den Finanzierungsbedingungen niedergeschlagen. So hätten sich die Renditen von Unternehmensanleihen kaum nach oben bewegt, während die Zinsen für Bankkredite im Januar nur knapp über ihren historischen Tiefständen gelegen hätten, so Tödtmann. Unter dem Strich hat die Finanzierungssäule zuletzt sogar nachgegeben (siehe Grafik).
Insgesamt ist der Kompasswert, der die für die EZB maßgeblichen Indikatoren zusammenfasst, in den vergangenen Monaten kräftig gestiegen, auf –21,2 Punkte im Februar. Tödtmann sieht allerdings mehrere Gründe, an der Nachhaltigkeit der Aufwärtsbewegung zu zweifeln. Deswegen sei das kein Signal für einen baldigen Ausstieg aus der sehr expansiven Geldpolitik.