EU-Kommission

Der Fünf-Punkte-Plan der EU für den Energiemarkt

Die EU-Kommission hat ihre Vorschläge für Eingriffe in die Energiemärkte konkretisiert. Eine Preisobergrenze soll es für russisches Gas geben. Im Strommarkt sollen Gewinne künftig oberhalb von 200 Euro je Megawattstunde abgeschöpft werden.

Der Fünf-Punkte-Plan der EU für den Energiemarkt

ahe Brüssel

Die EU-Kommission schlägt eine Preisdeckelung von 200 Euro pro Megawattstunde für Strom vor, der nicht mit Gas produziert wird. Dies geht aus einem Gesetzentwurf hervor, der der Börsen-Zeitung vorliegt. Geplant ist eine Abschöpfung von Gewinnen, die bei einem oberhalb dieser Grenze liegenden Strompreis von Betreibern von Kohle- oder Atomkraftwerken oder auch Erneuerbare-Energien-Anlagen erzielt werden.

In dem Papier wird der relativ hohe Preisdeckel damit begründet, dass es auch eine Renditesicherheit für Investitionen geben müsse. Offiziell ist diese Grenze noch nicht. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Mittwoch an, zunächst die Debatten der EU-Energieminister abwarten zu wollen, bevor am nächsten Dienstag eine entsprechende Gesetzesvorlage veröffentlicht wird.

Bei der Vorstellung eines Fünf-Punkte-Notfallplans für die Energiemärkte betonte von der Leyen lediglich, CO2-arme Energiequellen machten derzeit „Zufallsgewinne“, die nicht ansatzweise ihre Produktionskosten widerspiegelten. „Es ist jetzt an der Zeit, dass die Verbraucher von den niedrigen Kosten kohlenstoffarmer Energiequellen wie etwa den Erneuerbaren profitieren.“

Da teures Gas der vorherrschende Preissetzer auf dem Strommarkt ist, hat dies nach Angaben von Eurelectric – dem europäischen Verband der Elektrizitätsunternehmen – dazu geführt, dass die durchschnittlichen Day-Ahead-Strompreise an den Energiebörsen zwischen Januar 2021 und August 2022 um unglaubliche 532% gestiegen sind. Die Rekordgroßhandelspreise für Strom übten auch Druck auf den Endkundenmarkt aus, erklärte Eurelectric. Neue Stromverträge, die 2022 in EU-Hauptstädten abgeschlossen wurden, zeigten gegenüber 2021 Preissteigerungen um 84%.

Eurelectric-Generalsekretär Kristian Ruby verwies darauf, dass Hauptursache des Problems ein Mangel an Gas und Europas Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen sei. „Die Regierungen sollten versuchen, dies anzugehen, anstatt auf verzerrende Ad-hoc-Eingriffe in den Strommarkt zurückzugreifen.“

Von der Leyen warf Russland dagegen eine Manipulation der Gasmärkte vor und kündigte auch einen Preisdeckel speziell für russisches Erdgas an. Eine mögliche Höhe wurde hier noch nicht genannt. Nach Angaben der Kommissionschefin werden aber auch Preisobergrenzen für andere Gasimporte geprüft, etwa für verflüssigtes Erdgas (LNG).

5 Prozent weniger Verbrauch

Erste Reaktionen auf diesen Vorschlag fielen nicht nur positiv aus. Der tschechische Industrieminister Jozef Sikela, der am Freitag die Krisensitzung der EU-Energieminister leitet, bezeichnete einen Preisdeckel auf Gasimporte aus Russland als keinen konstruktiven Vorschlag. „Das ist eher eine weitere Variante der Sanktionen gegen Russland als eine aktuelle Lösung der Energiekrise in Europa“, sagte er in Prag.

Der Plan der EU-Kommission sieht auf jeden Fall schon vor, auch die „Zufallsgewinne“ von Öl- und Gasunternehmen, die aktuell ebenfalls enorme Gewinne einfahren, wieder einzusammeln. „Wir werden daher für solche Unternehmen einen Solidaritätsbeitrag vorschlagen“, kündigte von der Leyen an. „Denn alle Energiequellen müssen zur Bewältigung dieser Krise beitragen.“ Details zu diesem Solidaritätsbeitrag nannte sie noch nicht.

Zum Fünf-Punkte-Plan gehört auch die Drosselung des Nettostromverbrauchs. In dem Gesetzesvorschlag wird als mögliches verbindliches Ziel eine Verringerung des Verbrauchs um mindestens 5% während der Spitzenpreiszeiten vorgeschlagen. Den Mitgliedstaaten soll es freigestellt werden, welche Maßnahmen sie dabei einsetzen. Sie sollten dabei aber insbesondere marktbasierte Maßnahmen wie Versteigerungen oder Ausschreibungsprogramme in Betracht ziehen, hieß es.

Hilfen können auch die Versorger erwarten, die im Energiehandel aktuell wegen der enormen Volatilität der Märkte hohe Liquidität vorhalten müssen – was auch die Stabilität der Terminmärkte gefährden könnte. Von der Leyen kündigte an, Liquiditätshilfen der Mitgliedstaaten für diese Unternehmen zu erleichtern. „Wir werden unsere Rahmen für staatliche Beihilfen aktualisieren, damit staatliche Garantien im Notfall rasch bereitgestellt werden können.“

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