Künstliche Intelligenz und Arbeitsmarkt

Der Wettbewerb um KI-Talente wird immer härter

Deutschland muss mehr tun, um ausländische Experten an sich zu binden und eigene Fachleute zu halten. Hilfreich wären regionale KI-Hotspots aus Universitäten und Unternehmen – und mehr Englisch als Umgangssprache.

Der Wettbewerb um KI-Talente wird immer härter

Der Wettbewerb um KI-Talente wird immer härter

Deutschland verliert eigene Experten für Künstliche Intelligenz, gewinnt aber viele ausländische Fachkräfte hinzu

lz Frankfurt

Europa sieht sich einem erheblichen Verlust an KI-Talenten ausgesetzt. Diese wandern zunehmend in die USA ab, warnt der Thinktank „Interface“. In einer von der Carl-Zeiss-Stiftung finanzierten Studie der Politikberatung fordern die Autoren mehr Anstrengungen bei der Mitarbeiterbindung und bei der Steigerung der Attraktivität des Standorts Europa für ausländische KI-Fachkräfte. Zumal der gegenwärtige Zeitpunkt in der KI-Entwicklung als besonders kritisch angesehen wird, um sich eine gute Position in dem Technologiefeld zu erkämpfen.

Der Thinktank „Interface“ firmierte bis Juni unter dem Namen „Stiftung Neue Verantwortung“. Träger sind u.a. die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (Acatech), der BDI, die Beisheim Holding und Bosch sowie diverse andere Stiftungen. Themenschwerpunkt der Denkfabrik ist die Digitalisierung. Ihr Sitz ist in Berlin.

Europa im Hintertreffen

Dass Europa in Bezug auf die Personalgewinnung mit KI-Kenntnissen Nachholbedarf hat, zeigen bereits vollzogene Entscheidungen in anderen Ländern. Vor einiger Zeit etwa hatte US-Präsident Joe Biden die Einwanderungsbestimmungen speziell für KI-Experten gelockert. Und China richtet KI-Akademien in Peking und Schanghai ein und wird dabei von Google und Microsoft unterstützt. Und natürlich werben auch diese und andere Tech-Konzerne selbst weltweit um entsprechende Talente.

Brüssel hat zuletzt bekundet, KI-Talente in Europa zu fördern, indem die notwendige Infrastruktur sowie öffentlich-private Partnerschaften zur Unterstützung von Forschern bereitgestellt werden. Ferner will die EU-Kommission dafür sorgen, dass die MINT-Ausbildung verbessert wird. Zuletzt hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron das Ziel ausgegeben „Frankreich zu einem KI-Kraftwerk zu machen“ und Spitzentalente anzuziehen. „Wohin man auch schaut, die politischen Entscheidungsträger unternehmen konkrete Anstrengungen, um den heimischen KI-Talentpool zu vergrößern und KI-Spezialisten anzuziehen und zu halten“, schreiben Laurenz Hemmen und Siddhi Pal von „Interface“ in der Studie.

Plädoyer für liberalere Einwanderungspolitik

Immerhin hat es Deutschland der Auswertung zufolge geschafft, mehr ausländische KI-Kräfte an sich zu binden als etwa Frankreich. Ihr Anteil liegt hierzulande bei 45%, im Nachbarland nur bei 32%. Allerdings verzeichnet Deutschland selbst wiederum Abflüsse heimischen Personals vor allem in die USA und in die Schweiz. Die Autoren werben daher für eine liberalere Einwanderungspolitik bezüglich KI-Arbeitskräften sowie schnelleren Arbeitserlaubnissen.

Um Talente zu halten, müssten an Universitäten und Forschungseinrichtungen Hotspots für KI-Talente eingerichtet und darauf geachtet werden, dass sich Technologieunternehmen, Start-ups und Instituten dort konzentrierten. Und es müsse mehr auf Englisch als Arbeitssprache gesetzt werden. Denn das sei „ein entscheidender Faktor“, um globale Talente anzuziehen, heißt es in der Studie. Dass die britische Universität Cambridge trotz ihrer geringen Größe zu einem Hotspot für KI-Talente geworden sei, sei auch diesem Umstand zu verdanken.


Mehr zum Thema:

Wenn die KI wahnsinnig wird

Deutschland verspielt die nächste technologische Chance

IWF sorgt sich wegen KI um die soziale Stabilität

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.