Konjunkturflaute belastet

Deutlich mehr Insolvenzen in Deutschland

Allianz Trade und das IWH erwarten einen deutlichen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen – auch wenn es im August etwas weniger waren. Zum Halbjahr gab es jedenfalls bereits über ein Drittel mehr Großinsolvenzen als im vergangenen Jahr und die durchschnittlichen Schäden haben sich fast verdoppelt.

Deutlich mehr Insolvenzen in Deutschland

Deutlich mehr Insolvenzen
in Deutschland

Allianz Trade erwartet Anstieg von 21 Prozent

ba Frankfurt

Die Konjunkturschwäche lässt immer mehr Unternehmen in die Pleite rutschen. Der IWH-Insolventrend zeigt zwar für August einen leichten Rückgang, signalisiert für den Herbst aber einen erneuten Anstieg. Der Kreditversicherer Allianz Trade rechnet für das Gesamtjahr ebenfalls mit einem deutlichen Zuwachs, und zwar auf rund 21.500 Insolvenzen. Das sind 21% mehr als im Vorjahr und etwa 15% mehr als 2019, also vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Im vergangenen Jahr hatte die Pleitezahl noch um 22% zugelegt. „Erst 2025 dürfte sich der Anstieg mit einem moderaten Zuwachs der Fallzahlen um weitere rund 2% auf dann 22.000 Fälle etwas abflachen“, heißt es bei Allianz Trade.

„Wenn es kracht, dann richtig“

Im bisherigen Jahresverlauf haben vor allem die Großinsolvenzen kräftig zugelegt und die durchschnittlichen Schäden haben sich verdoppelt. Die 40 große Insolvenzen des ersten Halbjahres bedeuten nicht nur den höchsten Wert zum Halbjahr seit 2015, sondern liegen auch über ein Drittel (+37%) über dem Niveau des Vorjahreszeitraums. „Aktuell gilt häufig: Wenn es kracht, dann richtig“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Große Insolvenzen hätten oft einen Dominoeffekt auf viele Unternehmen in der gesamten Lieferkette. „Nicht selten werden sie dabei mitgerissen und geraten selbst in den Abwärtssog, der im schlimmsten Fall ebenfalls in der Zahlungsunfähigkeit endet.“

Schäden fast verdoppelt

Der kumulierte Umsatz der großen Pleiten belief sich laut Allianz Trade in den ersten sechs Monaten auf 11,6 Mrd. Euro − das ist bereits mehr als der Gesamtschaden für das Jahr 2023. Der durchschnittliche Umsatz der insolventen Großunternehmen – und damit auch die Schäden für die betroffenen Lieferanten – lag bei 290 Mill. Euro, das entspricht einem Zuwachs von 85%.

Die meisten Großinsolvenzen gab es im Baugewerbe (9), im Einzelhandel (9) und bei Dienstleistungen (7). Im August zählten etwa die Modemarke Esprit sowie die Gießereien Franken Guss und Sachsen Guss zu den größten Einzelinsolvenzen. Laut IWH-Insolvenztrend liegt die Fallzahl bei Personen- und Kapitalgesellschaften mit 1.282 um 9% unter dem Vormonatswert, aber um 27% über dem Vorjahresniveau. Zudem sind es 37% mehr als im August-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie. Von den größten 10% der insolventen Unternehmen waren fast 15.000 Jobs betroffen.

Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten laut IWH um mehr als die Hälfte über dem Vormonatswert, 39% höher als im August 2023 und 84% über dem Durchschnitt eines typischen Augusts der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019.

Süden stark betroffen

Im August traf es vor allem Unternehmen in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen. In allen drei Bundesländern wurden die höchsten Werte seit Beginn der Erfassung im IWH-Insolvenztrend im Januar 2016 verzeichnet. Die 163 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Baden-Württemberg liegen um 94% über dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. In Bayern gab es dem IWH zufolge 203 solcher Firmenpleiten (+84%), in Sachsen 52 (+54%).

Vielfältige Insolvenzgründe

Die Insolvenzgründe sind dabei sehr unterschiedlich: „Einige Unternehmen konnten die fälligen Rückzahlungen von Corona-Darlehen nicht stemmen oder hatten Schwierigkeiten an neue Kredite zu kommen aufgrund der restriktiveren Vergabe und den wesentlich höheren Anforderungen der Finanzierungspartner“, erklärt Bogaerts. Wieder andere seien von einem einzelnen weggebrochenen Großkunden abhängig gewesen. Vor allem die verbrauchernahen Branchen würden etwa die aktuelle Kaufzurückhaltung besonders spüren.

Im Mode-Einzelhandel hingen „einige Unternehmen seit Jahren am seidenen Faden“, so Bogaerts. „Hinzu kommen die weiterhin hohen Container-Frachtraten, die angesichts des bevorstehenden Weihnachtsgeschäfts vielen Unternehmen Sorgen bereiten.“ Auch Kliniken stünden weiter vor großen Herausforderungen. So gehörten zu den sieben großen Insolvenzen im Dienstleistungssektor drei Kliniken sowie zwei Tourismus-Unternehmen und zwei Unternehmen aus dem Bereich Software- und IT-Dienstleistungen.

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