Deutsche Importpreise schüren Inflationssorgen
ms Frankfurt
Einen Tag vor der heutigen EZB-Zinssitzung hat ein erneut kräftiger Preissprung bei den deutschen Importpreisen von 17,7% im September einen weiteren Beleg für den anhaltenden Inflationsdruck im Euroraum gegeben. Zugleich zeigte sich die Bundesregierung aber wiederum überzeugt, dass die hohe Teuerung nächstes Jahr deutlich nachlassen werde. Neue Kreditvergabedaten zeichneten derweil ein solides Bild der Euro-Konjunktur.
Die Euro-Notenbanker kommen heute zusammen, um über den weiteren Kurs zu entscheiden. Wichtige Entscheidungen sind nicht zu erwarten – die hat der EZB-Rat für Dezember avisiert. Trotzdem wird die Sitzung mit Spannung erwartet, um zu sehen, wie die Zentralbanker die aktuelle Lage und insbesondere die Inflationsentwicklung einschätzen. Die Teuerung zieht seit Jahresbeginn an und könnte im Oktober auf nahe 4% geklettert sein. Zugleich verliert die Wirtschaftserholung aber an Schwung – vor allem wegen der globalen Materialengpässe.
Am Mittwoch wurde nun bekannt, dass sich die deutschen Importe im September wegen deutlich höherer Preise für Öl, Gas und einige Lebensmittel mit 17,7% so stark verteuert haben wie seit mehr als 40 Jahren nicht mehr. Eine größere Zunahme hatte es zuletzt im September 1981 in der zweiten Ölkrise mit 19,5% gegeben, wie Destatis mitteilte.
Experten erwarten, dass die teurer gewordenen Einfuhren im Zeitablauf auch auf die Lebenshaltungskosten der deutschen Verbraucher durchschlagen werden. „Diese Kostenlawine wird die Verbraucherpreisinflation im Oktober und November weiter nach oben treiben“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. In Deutschland lag die Inflationsrate im September bei 4,1%, und sie könnte im Jahresverlauf womöglich noch auf 5% steigen.
Die Bundesregierung rechnet aber im kommenden Jahr mit deutlich langsamer steigenden Verbraucherpreisen. Zwar werde die Inflationsrate in diesem Jahr mit 3,0% so hoch ausfallen wie seit 1993 nicht mehr, wie aus der am Mittwoch veröffentlichten Herbstprojektion hervorgeht. 2022 soll sie demnach aber auf 2,2% und 2023 sogar auf 1,7% zurückgehen. Die Regierung stellt sich damit erneut hinter das Narrativ der Europäischen Zentralbank (EZB), die den aktuellen Inflationssprung weiterhin als primär temporär betrachtet. Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der auch aus Frustration über die EZB-Politik seinen vorzeitigen Rücktritt zum Jahresende angekündigt hat, mahnt indes, die Inflationsgefahren nicht zu unterschätzen.
Erschwerend für die Euro-Hüter kommt hinzu, dass sich die Wirtschaft nach der Erholung von der Pandemie schon wieder abschwächt. Im dritten Quartal zeichnet sich im Euroraum noch einmal ein solides Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von rund 1,5% ab. Im Winterquartal wird dann aber ein spürbarer Rückgang erwartet.
Das Wachstum bei den Firmenkrediten im Euroraum erholte sich indes im September etwas. Die Geldhäuser vergaben 2,1% mehr Darlehen an Unternehmen als vor Jahresfrist, wie die EZB am Mittwoch mitteilte. Im August hatte das Plus bei 1,5% gelegen. An die Privathaushalte reichten die Banken im September 4,1% mehr Kredite aus, nach zuvor 4,2%. Die EZB will mit ihrer ultralockeren Geldpolitik die Kreditvergabe stützen. Zugleich schwächte sich das Wachstum der Geldmenge M3 im September von zuvor 7,9% auf 7,4% ab. Das Wachstum der enger gefassten Geldmenge M1 betrug unverändert 11,0%. Das gilt als positives Konjunktursignal, nährt aber zugleich auch Inflationssorgen.