Konjunkturelle Vorschusslorbeeren auf das Finanzpaket
Vorschusslorbeeren auf das kommende Finanzpaket
Ifo-Index signalisiert allenfalls „Hoffnung auf Besserung“ für die deutsche Wirtschaft – Volkswirte mahnen Politikwechsel an
lz Frankfurt
Es sind bislang nur Hoffnungswerte, die für eine Wachstumswende in Deutschland sprechen. Die Finanzpakete dürften zwar die Konjunktur anschieben, aber ohne Strukturreformen bliebe es ein Strohfeuer. Das sehen auch die Unternehmen so und harren daher der Entscheidungen der neuen Regierungskoalition.
Die Stimmung der Unternehmen in Deutschland hat sich erneut leicht aufgehellt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg im März auf 86,7 Punkte, nach 85,3 Punkten im Februar, wie das Ifo-Institut auf Basis einer monatlichen Umfrage unter 9.000 Unternehmen meldet. Dabei stiegen wie bereits im Vormonat die Erwartungen merklich an, die Unternehmen zeigten sich diesmal aber auch deutlich zufriedener mit der aktuellen Lage. „Die deutsche Wirtschaft hofft auf Besserung“, fasst Ifo-Präsident Clemens Fuest die Ergebnisse zusammen.
Dabei fällt ins Auge, dass vor allem im verarbeitenden Gewerbe der Index deutlich zugelegt hat, wo in den vergangenen Monaten die meisten Befürchtungen über die weitere Entwicklung zum Ausdruck gebracht worden sind. Vor allem sind hier die skeptischen Stimmen bei den Erwartungen merklich weniger geworden. Die Unternehmen beurteilten zudem auch hier ihre aktuelle Lage besser. Das scheint insgesamt aber noch wackelig zu sein, denn der Auftragsbestand war weiterhin leicht rückläufig.

Im Bausektor keimt Hoffnung
Im Dienstleistungssektor hat sich das Geschäftsklima ebenfalls verbessert. Die Unternehmen beurteilten ihre aktuelle Lage etwas positiver. Zudem hellten sich die Erwartungen spürbar auf. Insbesondere bei Architektur- und Ingenieurbüros keimte wieder vermehrt Hoffnung auf, dass es im Bausektor endlich besser wird. Das suggerieren zumindest die Daten aus der Branche: Im Bauhauptgewerbe hat sich das Geschäftsklima aufgehellt. Die Firmen beurteilten auch ihre aktuelle Lage wieder etwas positiver. Allerdings bleiben die Erwartungen trotz einer Verbesserung von starker Skepsis geprägt, schränkt das Ifo-Institut ein. Nach wie vor bleibe der Auftragsmangel die größte Herausforderung für die Bauwirtschaft.
Erfreulich auch die Entwicklung im Handel: Der Index legte auch hier zu. Zudem fielen die Erwartungen der Händler ebenfalls weniger pessimistisch aus als zuletzt. Ferner zeigten sich die Unternehmen auch über ihre laufenden Geschäfte deutlich zufriedener.
Ökonomen gespalten
Ökonomen zeigen sich indes zwiegespalten, was die Beurteilung und die Treiber dieses Stimmungsumschwungs sind. „Von der anfänglichen Euphorie über die geplanten milliardenschweren Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben ist auf den ersten Blick nicht viel zu sehen“, zeigt sich Thomas Gitzel, Chefökonomen der VP-Bank, enttäuscht. Der Ifo-Geschäftsklimaindex lasse nicht darauf schließen, dass die deutsche Wirtschaft nun unmittelbar durchstartet. Die vom Ifo-Institut befragten Unternehmen scheinen die Maßnahmen mit gewisser Nüchternheit zu betrachten, analysiert Gitzel. Das Motto laute offenbar: Geld ist nicht alles, es bedarf vor allem begleitender Strukturreformen wie schnellerer Genehmigungsverfahren, weniger Bürokratie und auch einer steuerlichen Entlastung.
Nach Ansicht von Klaus Borger, Konjunkturexperte bei KfW Research, sind es durchaus berechtigte Hoffnungssignale der Unternehmen, die in der Umfrage durchscheinen. Die Reform der Schuldenbremse und das neue Sondervermögen Infrastruktur könnten zu einem Game-Changer für Deutschland werden, allerdings brauche es „mehr als einen staatlichen“ Kreditturbo, schränkt er ein und verweist ebenfalls auf Strukturreformen. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, spricht in diesem Zusammenhang von „Vorschusslorbeeren für die Ausgabenpolitik einer neuen Bundesregierung“, welche die Unternehmen im Moment verteilten.
Zweifel an echtem Politikwechsel
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, warnt mit Blick auf das Finanzpaket ebenfalls vor zu großen Hoffnungen. Das aktuelle Ifo-Plus spiegele zudem auch die Erholung der weltweiten Industriekonjunktur insgesamt, die von den Zinssenkungen der westlichen Zentralbanken profitiert habe. „Für einen kräftigen, selbsttragenden Aufschwung der deutschen Industrie müsste es aber einen Neustart in der Wirtschaftspolitik geben, der sich in den Koalitionsverhandlungen jedoch bisher nicht abzeichnet“, zweifelt Krämer.
Kommentar zum Thema Ifo-Konjunkturstimmung und Koalitionsverhandlungen