Branchengipfel mit Scholz und Merz

Die Politik bekennt sich zum Chemiestandort D

Führende Politiker der Ampel und der Opposition haben der Chemie- und Pharmabranche auf einem Branchengipfel Entlastungen versprochen, inbesondere bei den Energiekosten und beim Thema Bürokratie. Der Chemieverband VCI forderte von der Politik eine „Kernsanierung des Wirtschaftsstandorts“.

Die Politik bekennt sich zum Chemiestandort D

Bekenntnisse zum Chemiestandort D

Bei einem Branchengipfel versprechen Kanzler und Oppositionsführer Entlastungen bei Energiekosten und Regulierung

Führende Politiker der Ampel und der Opposition haben der Chemie- und Pharmabranche auf einem Branchengipfel Entlastungen versprochen, inbesondere bei den Energiekosten und beim Thema Bürokratie. Der Chemieverband VCI forderte von der Politik eine „Kernsanierung des Wirtschaftsstandorts“.

ahe Berlin

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Oppositionschef Friedrich Merz (CDU) haben sich für einen Erhalt der Grundstoffindustrie in Deutschland ausgesprochen und der Chemie- und Pharmabranche ihre Unterstützung beim Kampf gegen hohe Energiekosten und bei Regulierungsfragen zugesagt. „Die Chemieindustrie ist die Basis unseres Erfolgs als Industrienation“, betonte Scholz auf einer Branchenkonferenz in Berlin. „Deutschland ist ein zentraler Standort für die Chemieindustrie in der Welt. Ich will, dass das so bleibt.“ Merz warnte zugleich vor „erheblichen Wohlstandsverlusten“ bei einer Schwächung des heimischen Industriestandorts.

Bei dem vom Verband der Chemischen Industrie (VCI) organisierten Chemie- und Pharmagipfel sagte der Bundeskanzler zu, dass sich die Bundesregierung für niedrigere Strompreise einsetzen werde. „Wir haben die Strompreiskompensation bis 2030 verlängert und wir werden uns gegenüber der Europäischen Kommission dafür einsetzen, dass noch weitere Bereiche der Wirtschaft entlastet werden können“, sagte Scholz. Er verwies zugleich auf Entlastungen bei den Netzentgelten. Die Ampel wolle die Regelungen der Stromnetz-Entgelt-Verordnung beihilfekonform verlängern, kündigte er an.

Gute Laune: CDU-Chef Friedrich Merz im Dialog mit VCI-Präsident Markus Steilemann beim Chemie- und Pharma Gipfel 2024 in Berlin (Foto: picture alliance / Flashpic | Jens Krick)

Bundesfinanzminister Christian Lindner forderte in diesem Zusammenhang, die Planungen für den Ausbau des Stromnetzes noch einmal ganz zu überarbeiten. Allein eine Umstellung von Erdverkabelung auf Freileitungen würde seinen Angaben zufolge 36 Mrd. Euro einsparen. CDU-Chef Merz betonte, in der Energiepolitik müsse seiner Ansicht nach insbesondere schnell neue Erzeugungskapazitäten zugebaut werden. Zur Sicherung der Stromversorgung könnten auch bilaterale Abkommen mit Nachbarstaaten beitragen.

VCI gehen Pläne nicht weit genug

Dem VCI gehen die Entlastungen im Energiebereich nicht weit genug. Markus Steilemann, der am Mittwoch in seinem Amt als Verbandspräsident bestätigt wurde, betonte, die Ankündigungen von Scholz müssten nun schnell realisiert werden. Eine Unterstützung bei den Netzentgeleten sei dringend erforderlich. „Die Maßnahmen reichen nicht aus, um den nötigen Aufbruch hin zu einem starken Chemiestandort zu starten.“

Einer in dieser Woche veröffentlichten Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) und der Boston Consulting Group zufolge sind aktuell fast 30% der Chemieproduktion gefährdet – vor allem aufgrund der hohen Energiepreise. Der aktuelle Quartalsbericht des VCI zeigt ebenfalls, dass die Chemie- und Pharmaindustrie aktuell immer noch weit von einer Normalauslastung entfernt ist. Steilemann forderte daher von der Politik auch eine „Kernsanierung des Wirtschaftsstandorts“. Seine Branche sei in einer schwierigen Lage.

Scholz sagte der Branche Unterstützung in Brüssel zu. Er lehnte ein Totalverbot der sogenannten Ewigkeitschemikalien PFAS in der EU ab. Die Bundesregierung setze sich in Brüssel zudem dafür ein, dass bei der Novelle der sogenannten REACH-Verordnung für Chemikalien ein „risikobasierter Ansatz“ beibehalten werden sollte.

Lindner will eine Unternehmenssteuerreform

Merz verlangte einen Bürokratieabbau, indem deutsche „Überregulierung“ bei der Umsetzung von EU-Richtlinien zurückgedreht wird. Seine Partei erstelle aktuell eine Liste mit konkreten Vorschlägen hierzu, sagte er. Ebenso wie auch Lindner forderte der CDU-Chef zugleich Reformen auf dem Arbeitsmarkt und bei den Unternehmenssteuern.

„Wir werden mehr tun müssen als nur Abschreibungen“, stellte der Finanzminister hierzu klar. Vor allem die Besteuerung des Ertrags sei in Deutschland zu hoch. Lindner forderte in diesem Zusammenhang erneut eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags in zwei bis drei Schritten.

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