DIW attestiert EZB-Politik starken Umverteilungseffekt
ms Frankfurt
Wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen verändert, hat das nicht nur Auswirkungen auf die Preisstabilität, sondern auch einen deutlichen Umverteilungseffekt. Zu dem Ergebnis kommt eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. „Die EZB-Geldpolitik verteilt Einkommen um“, so das Fazit des DIW. Zinssenkungen wie in der vergangenen Dekade begünstigen demnach Arbeitnehmer und belasten Anteilseigner von Unternehmen.
Die Studie nährt die Debatte über die Verteilungswirkungen der Geldpolitik und einen Einsatz geldpolitischer Instrumente für weniger Ungleichheit, die in den vergangenen Jahren zunehmend an Brisanz gewonnen hat. Zwar ist unumstritten, dass die Geldpolitik Verteilungswirkungen hat. Das Ausmaß ist aber umstritten, und noch mehr gilt das für die Frage, inwieweit die Geldpolitik Verteilungsziele verfolgen sollte. Da gehen auch die Meinungen der Notenbanker auseinander.
Für seine Studie hat DIW-Ökonom Jan Philipp Fritsche nun Bilanzdaten von mehr als zwei Millionen Firmen im Euroraum ausgewertet. Demnach vergeben bei einem steigenden Leitzins die Banken weniger Kredite an Unternehmen. Für die Unternehmen würden dadurch einerseits Investitionen teurer und andererseits sinke die Nachfrage. Um dies zu kompensieren, sparten die Unternehmen an den Personalkosten. Die Lohn- und Gehaltszahlungen gingen zurück – vor allem in arbeitsintensiven Unternehmen. Bei Unternehmen mit einem hohen Fremdkapitaleinsatz, also tendenziell mit vielen Maschinen, steige bei einer Zinserhöhung zudem die Wertschöpfung, was den Verteilungseffekt zulasten der Arbeitnehmer noch vergrößere. Im Fall von Zinssenkungen gelte das genau umgekehrt.