Steuertransparenz

Ein starker Hebel gegen dubiose Deals

Multinationale Konzerne müssen künftig offenlegen, wie viel sie wo verdienen und wo sie welche Steuern zahlen. Das klingt unspektakulär, ist aber ein wirkungsvoller Hebel gegen aggressive Steuervermeidung.

Ein starker Hebel gegen dubiose Deals

Die EU-Gesetzgeber haben sich darauf geeinigt, dass große, multinationale Unternehmen künftig für jedes EU-Land (und für einige ausgewählte Drittstaaten) öffentlich machen müssen, wie hoch die Gewinne sind, die sie in dem jeweiligen Land erzielen, und wie hoch die Steuern sind, die sie dort zahlen. Das klingt auf den ersten Blick unspektakulär, ist es aber ganz und gar nicht.

Denn damit wird ein starker Hebel gegen die völlig inakzeptablen Steuerdeals geschaffen, mit denen sich Konzerne seit Jahren der Pflicht entziehen, angemessen hohe Steuern zu entrichten. Ein Hebel, der absehbar wirkungsvoller ist, als der mühsame Versuch der EU-Kommission, den aggressiven Steuervermeidern wie Apple und Amazon und ihren Kumpanen in nationalen Finanzbehörden das Handwerk mit den Instrumenten des Wettbewerbsrechts zu legen. Und ein Hebel, der sich möglicherweise sogar als ein effizienteres Instrument gegen unfaire Verabredungen zwischen Finanzämtern und Konzernen erweist, als die geplante globale Mindeststeuer.

Gegenargumente sind schnell entkräftet

Die multinationalen Konzerne haben in den vergangenen Jahren jede Menge Vorbehalte gegen das so genannte Public Country-by-Country-Reporting vorgetragen. Die meisten davon sind jedoch nicht überzeugend. Ein Argument etwa lautet: Die Informationen seien ja ohnehin schon den Steuerbehörden bekannt, eine Veröffentlichung für das breite Publikum sei daher im Grunde überflüssig. Das Gegenteil ist der Fall. Denn es ist ja gerade ein Manko der aktuellen Praxis in Finanzbehörden, dass sie durchaus darüber Bescheid wissen, wenn heimische Konzerne Gewinne ins Ausland verschieben, um dort von zweifelhaften Arrangements mit dem Fiskus zu profitieren – aber nicht einschreiten. Durch die Veröffentlichung wird in Zukunft für alle augenscheinlich, wenn ein Unternehmen in einem Land viel Geld verdient, diese Gewinne aber geschickt ins Nachbarland verschiebt, wo die effektive Steuerlast deutlich niedriger ist. Und vor allem Kunden, Aktionäre oder auch Nichtregierungsorganisationen werden weniger Hemmung haben, Nachfragen zu stellen, als bislang die nationalen Finanzämter.

Ein anderer Vorbehalt lautet: Die Veröffentlichung der steuerrelevanten Informationen führe am Ende nur dazu, dass steuerrechtliche Laien die Zahlen missdeuten. Das ist Unfug. Wenn offengelegt wird, dass ein Unternehmen Milliardengewinne macht, aber nur Promille-Steuern zahlt, muss man kein promovierter Steuerprüfer sein, um an der Angemessenheit der Besteuerung zu zweifeln. Und wenn unter einzelnen Postadressen innerhalb der EU mehrere Dutzende Firmen residieren oder Büroräume mit einer Handbibliothek zum konzerneigenen Forschungszentrum erklärt werden, können sich beteiligte Unternehmen Nachfragen nicht mit dem bloßen Verweis entziehen, das Steuerrecht sei halt komplex und kompliziert.

Schlupflöcher zu finden wird schwieriger

Keine Frage, die Offenlegungspflicht, auf die sich jetzt die EU-Gesetzgeber verständigt haben, wird nicht verhindern können, dass es auch künftig Firmen gelingen wird, in aggressiver Weise Steuerzahlungen zu vermeiden. Es wird weiterhin Umgehungsmöglichkeiten und Schlupflöcher geben. Aber die Unternehmen werden in Zukunft deutlich mehr Energie aufwenden müssen, um sie zu nutzen. Das Risiko, dafür vor Gericht gezerrt zu werden und dort eine Niederlage zu kassieren, bleibt überschaubar. Aber das Reputationsrisiko steigt erheblich – und genau diese Sorge vor dem öffentlichen Ansehensverlust wird Unternehmen dazu bringen, ihre Steuergestaltung zu überdenken.

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