EU-Kommission

EU plant Gewinn­abschöpfungen auf Energiemärkten von 140 Mrd. Euro

Die EU-Kommission will auf den Energiemärkten 140 Mrd. Euro an Übergewinnen abschöpfen und an Haushalte und Unternehmen umverteilen. Vor allem eine Obergrenze auf dem Strommarkt soll hierzu beitragen. Ein Gaspreisdeckel fehlt dagegen in den Gesetzesvorschlägen, die am Mittwoch vorgestellt wurden.

EU plant Gewinn­abschöpfungen auf Energiemärkten von 140 Mrd. Euro

Die EU-Kommission will mit Gewinnabschöpfungen auf den Energiemärkten rund 140 Mrd. Euro aufbringen, die an besonders von den hohen Strom- und Gaspreisen betroffene Haushalte und Unternehmen umverteilt werden sollen. Dies geht aus den Gesetzesvorschlägen der Brüsseler Behörde hervor, die am Mittwoch vorgelegt wurden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte vor dem EU-Parlament in Straßburg, in der sozialen Marktwirtschaft seien Gewinne gut. „In Zeiten wie diesen ist es jedoch schwierig, aufgrund des Krieges und auf dem Rücken der Verbraucher Übergewinne zu erzielen.“

Die EU-Mitgliedstaaten sollen das Geld für Einkommensunterstützung, Rabatte, Investitionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz oder Dekarbonisierungstechnologien verwenden. Die gewährte Unterstützung solle einen Anreiz zur Senkung der Nachfrage bieten, hieß es seitens der Kommission, die die Einnahmen von Unternehmen, die Strom aus anderen Quellen als Gas produzieren, bei 180 Euro je Megawattstunde (MWh) deckeln will. Im deutschen Großhandel kostete Strom zuletzt ungefähr 450 Euro je MWh. Nach Einschätzung der Behörde wird es diese Preisgrenze den Erzeugern trotzdem noch erlauben, ihre Investitions- und Betriebskosten zu decken, ohne dass Investitionen in grüne Kapazitäten gefährdet wären.

Aus dieser Sofortmaßnahme, die spätestens am 1. Dezember greifen soll, erwartet die Kommission 117 Mrd. Euro. Weitere rund 25 Mrd. Euro sollen dann aus einer Sonderabgabe kommen, die den Öl- und Gaskonzernen auferlegt wird. Diese müssten demnach 33% der Gewinne abgeben, die über 20% oberhalb der durchschnittlichen Gewinne der vergangenen drei Jahre liegen.

Noch kein Gaspreisdeckel

Zu den Gesetzesvorschlägen gehören wie angekündigt auch Stromsparmaßnahmen. In Spitzenzeiten soll der Verbrauch verpflichtend um mindestens 5% reduziert werden. Dadurch könnten 4% des im Winter genutzten Gases gespart werden. Insgesamt sollten die EU-Länder ihren Stromverbrauch freiwillig bis zum 31. März 2023 um 10% senken. Gegen verpflichtende Stromsparziele haben sich bereits mehrere Länder ausgesprochen.

Zu den aktuellen Liquiditätsproblemen auf den Stromterminmärkten legte die EU-Kommission noch keine konkrete Lösung vor. Von der Leyen verwies aber darauf, dass im Verbund mit den Marktregulierungsbehörden die Regeln für Sicherheiten geändert werden und die Preisvolatilität innerhalb eines Tages begrenzt werden sollen. Im Oktober will Brüssel deswegen den befristeten Beihilferahmen ändern, um staatliche Garantien zu ermöglichen.

Ein Gaspreisdeckel – insbesondere für russisches Erdgas – ist ebenfalls noch kein Teil der Gesetzesvorschläge. Energiekommissarin Kadri Simson sagte allerdings in Straßburg, es werde noch weiter an dem Thema gearbeitet. Vorerst will die EU-Kommission die hohen Gaspreise nur durch eine weitere Diversifizierung der Lieferwege bekämpfen sowie über die Ausarbeitung eines neuen Benchmarks für den Gasmarkt, der die wachsenden Mengen von LNG-Gas berücksichtigt. Der bisherige Richtwert (TTF) spiegele die Realität des Marktes nicht wider, erläuterte Simson, die für Anfang 2023 auch Vorschläge für eine grundlegende Reform des Elektrizitätsmarkts ankündigte. Diese soll vor allem eine Entkoppelung von Strom- und Gaspreisen mit sich bringen.

Neue Wasserstoffbank

Beim Aufbau einer langfristig nachhaltigen Energieversorgung setzt die EU-Kommission vor allem auf Wasserstoff. Für die geplante Verdoppelung der Erzeugungskapazitäten von grünem Wasserstoff bis 2030 soll daher ein Marktmittler für Wasserstoff geschaffen werden, der die Investitionslücke schließt. Von der Leyen kündigte an, eine Europäische Wasserstoffbank zu gründen, die für den Ankauf von Wasserstoff zuständig sei. Sie soll in den Aufbau des künftigen Marktes 3 Mrd. Euro investieren können.

Das EU-Parlament beschloss am Mittwoch unterdessen, das 2030-Ziel für den Ausbau erneuerbarer Energien auf 45% zu erhöhen. Auch das Energieeffizienzziel wurde erhöht.

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