Geldpolitik

Euro-Inflation auf Rekordhoch – Druck auf EZB steigt

Am Donnerstag treffen sich die Euro-Währungshüter zur ersten Zinssitzung des Jahres. Neue Inflationsdaten erhöhen den Druck auf die Notenbanker. Die Forderungen nach einer rascheren Zinswende werden lauter.

Euro-Inflation auf Rekordhoch – Druck auf EZB steigt

ms Frankfurt

Zum Jahresauftakt gibt es den nächsten Paukenschlag in Sachen Inflation im Euroraum: Statt wie erhofft im Januar deutlich nachzugeben, ist die Teuerung sogar erneut angestiegen und hat ein neues Rekordhoch von 5,1% er­reicht. Das geht aus der am Mittwoch veröffentlichten Vorabschätzung von Eurostat hervor. Volkswirte hatten im Konsens einen Rückgang von 5,0% im Dezember auf 4,4% erwartet. Die ersten Schätzungen aus großen Euro-Ländern wie Deutschland hatten aber bereits Zweifel an dieser Prognose geschürt. Damit steigt der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB), schneller aus der ultra­lockeren Geldpolitik auszusteigen.

Getrieben wurde die Teuerung im Januar einmal mehr durch einen extrem starken Anstieg der Preise für Energie, die sich zum Vorjahresmonat um 28,6% verteuerte. Lebens- und Genussmittel waren 3,6% teurer als vor einem Jahr. Ohne Energie, Lebens- und Genussmittel stieg das Preisniveau im Januar um 2,3%. In dieser Abgrenzung war der Preisauftrieb rückläufig, im Dezember hatte die sogenannte Kernrate noch 2,6% betragen. Allerdings war auch der Anstieg der Kernrate zu Jahresbeginn stärker als von Analysten prognostiziert. Das signalisiert, dass der Preisdruck auch in der Breite stärker ist als erwartet.

Nachdem die Inflation im Jahr 2021 rasant und auch viel stärker angezogen hatte als erwartet, sollte der Januar die Trendwende bringen und die für 2022 erwartete spürbare Minderung der Teuerung einläuten – allein schon wegen des Wegfalls eines Basiseffekts in Zusammenhang mit der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung in Deutschland. Mit den neuen Daten schwindet die Hoffnung auf ein schnelles und rasches Nachlassen der Inflation im Jahr 2022. Jörg Angelé, Senior Economist des Assetmanagers Bantleon, erwartet nun, dass die Inflationsrate in der Eurozone bis zur Jahresmitte über 5,0% liegen dürfte. Im Jahresdurchschnitt rechnet er nun mit 4,6%.

Die neuen Daten dürften auch die ohnehin hitzige Debatte im EZB-Rat über die Inflationsaussichten und die angemessene Reaktion weiter befeuern. Die Euro-Notenbanker treffen sich am morgigen Donnerstag. Die EZB macht bislang allenfalls zaghafte Schritte zur Normalisierung ihrer Geldpolitik. Mitte De­zember hatte sie beschlossen, dass die Nettokäufe im Zuge des 1,85-Bill.-Euro-Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP Ende März enden sollen. Zur teilweisen Kompensation wird aber das parallele Anleihekaufprogramm APP mit ei­nem aktuellen Kaufvolumen von 20 Mrd. Euro pro Monat sogar zeitweise noch aufgestockt – und ein En­de des APP ist nicht in Sicht. Zu­dem schließt der EZB-Rat bislang Zinserhöhungen für 2022 aus. Die US-Notenbank Fed steuert dagegen auf eine rasche Zinswende zu.

Der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot, ein Hardliner im Rat, hatte zum Jahreswechsel im Interview der Börsen-Zeitung aber gesagt, dass die EZB die Zinswende be­schleunigen könne, falls die Inflation 2022 weiter höher ausfalle als gedacht (vgl. BZ vom 31.12.2021). Die große Frage ist nun, in­wie­weit auch gemäßigtere Notenbanker auf diese Linie einschwenken. Eine entscheidende Stimme ist da sicher Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau. Ende November hatte er sich im Interview der Börsen-Zeitung gegen eine voreilige Rückführung der geldpolitischen Unterstützung ausgesprochen, aber zu Wachsamkeit wegen der Inflation aufgerufen. „Sollten sich die inflationären Kräfte verfestigen, würden wir nicht zögern zu handeln“, sagte er (vgl. BZ vom 23.11.2021).

Spekulationen um EZB-Zins

Führende Ökonomen und Geldpolitikexperten fordern bereits eine raschere Zinswende der EZB, und sie dürften sich durch die neuen Daten bestätigt sehen. So warnte etwa Ex-EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark in einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage der Börsen-Zeitung vor einer „sich verfestigenden Inflation“ und sagte: „Die EZB kann eine solche Entwicklung nicht tolerieren und muss gegensteuern, wenn sie ihr Kernmandat ernst nimmt.“

Nach den Inflationszahlen von Mittwoch wird am Geldmarkt nun sogar bereits bis zum Sommer auf eine leichte Anhebung des Einlagesatzes gesetzt. Der Zins liegt seit September 2019 bei –0,5%. Damit müssen Banken Strafzinsen zahlen, wenn sie bei der EZB Liquidität parken.

Leitartikel Seite 6

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