EZB-Kurs

Euro-Inflation bewegt die Gemüter

Die Inflation in Euroland scheint ihren Höhepunkt überschritten zu haben. Das entlastet die Wirtschaft und schürt die Hoffnung auf eine weniger aggressive Zinsstraffung der EZB. Die Notenbanker zeigen sich bislang aber überwiegend hart und entschlossen.

Euro-Inflation bewegt die Gemüter

ms Frankfurt

Neue Preisdaten und Entwicklungen an den Energiemärkten haben die Hoffnung verstärkt, dass in Sachen Inflation im Euroraum das Schlimmste überstanden ist und die Teuerung in den nächsten Monaten weiter nachlässt. Zugleich haben führende Euro-Notenbanker aber eindringlich davor gewarnt, die Hartnäckigkeit der Inflation zu unterschätzen, und sie bekräftigten deswegen die Bereitschaft zu notfalls weiter deutlichen Zinserhöhungen – allen voran EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel.

Das zeigt eindrucksvoll das Spannungsfeld, in dem sich aktuell insbesondere die Marktteilnehmer, aber auch andere Wirtschaftsakteure bewegen. Einerseits sinkt die Inflationsrate, was ein wenig Entlastung für Unternehmen und Privathaushalte bringt und die Hoffnung auf eine weniger aggressive Zinsstraffung schürt. Andererseits verharrt der Preisdruck auf hohem Niveau und viele Notenbanker wollen auf keinen Fall zu früh nachgeben, um Fehler der 1970er Jahre nicht zu wiederholen.

Die EZB hat ihre Leitzinsen seit Juli um beispiellose 300 Basispunkte erhöht. Für März hat der EZB-Rat bereits eine weitere Zinsanhebung um 50 Basispunkte avisiert. Für die Zeit danach hielten sich die Notenbanker Anfang Februar aber sehr bedeckt. Das hatte zunächst Spekulationen geschürt, dass die EZB weniger aggressiv vorgehen könnte als im Dezember in Aussicht gestellt. Inzwischen preisen die Märkte aber wieder mehr ein. Unter den Notenbankern tobt eine teils kontroverse Debatte über den Zinskurs nach März. Die Inflation ist von 10,6% im Oktober auf 8,5% im Januar gesunken.

Am Freitag nun wurde bekannt, dass sich in Deutschland der Preisauftrieb auf Herstellerebene zum vierten Mal in Folge abgeschwächt hat. Im Januar stiegen die Produzentenpreise im Jahresvergleich um 17,8%, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im August und September waren die Preise, die Hersteller für ihre Waren erhalten, mit einer Rekordrate von je 45,8% gestiegen. Seither ist der Preisauftrieb rückläufig. Das wirkt sich verzögert auf die Verbraucherpreise aus. Die Abschwächung im Januar fiel aber geringer aus als von Experten erwartet.

Positive Nachrichten gab es auch von den Energiemärkten. Am Erdgas-Terminmarkt fielen die Preise erstmals seit 17 Monaten unter die Marke von 50 Euro je Megawattstunde. Damit liegen sie mehr als 80% unter dem Hoch vom August, als angesichts des Kriegs in der Ukraine und russischer Liefersperren Panik an den Energiemärkten ausbrach. Der aktuelle Preisrückgang geht vor allem auf gut gefüllte Erdgasspeicher, eine wetterbedingt niedrigere Nachfrage und Einsparungen vor allem der Industrie zurück.

EZB-Direktoriumsmitglied Schnabel mahnte am Freitag aber, die Hartnäckigkeit der Inflation nicht zu unterschätzen. Die Finanzmärkte gingen davon aus, dass die Teuerung sehr schnell in Richtung des EZB-Ziels von 2,0% sinken und dort dann bleiben werde, während sich auch die Wirtschaft gut schlage, sagte Schnabel zu Bloomberg. „Das wäre ein sehr gutes Ergebnis, aber es besteht das Risiko, dass sich die Inflation als hartnäckiger erweist.“ Die EZB müsse möglicherweise „energischer handeln“, falls sich die Auswirkungen der Zinsstraffung als geringer als erwartet erweisen sollten.

Auch Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau warnte am Freitag davor, bereits den Sieg über die Inflation zu verkünden. Zugleich signalisierte er in einer Rede vor Finanzanalysten, dass die EZB wahrscheinlich spätestens im September beim Zinsgipfel angekommen sein werde. Zinssenkungen stünden dann erst einmal nicht an. An den Märkten rechneten Händler am Freitag zum ersten Mal für Oktober vollständig mit einem endgültigen Einlagensatz von 3,75%. Nach der EZB-Sitzung Anfang Februar war noch ein Tiefstand von 3,4% erwartet worden. Derzeit liegt der Satz bei 2,5%.