Euro-Inflation hält Druck auf EZB aufrecht
Euro-Inflation hält Druck auf EZB aufrecht
Teuerung fällt auf 2,2 Prozent – Deutlicher Anstieg der Dienstleistungspreise – Kaum Fortschritte bei Kernrate
mpi Frankfurt
Die Inflation nähert sich im Euroraum deutlich dem Zielwert der EZB an. Doch im Detail enthalten die Daten einige unerfreuliche Nachrichten für die Notenbank. Eine Zinssenkung im September scheint jedoch in Stein gemeißelt. Viele Ökonomen mahnen die EZB mit Blick auf weitere Lockerungen zu einem vorsichtigen Ansatz.
Die Inflation im Euroraum schwächt sich im August zwar deutlich ab, doch im Detail enthalten die Daten einige unerfreuliche Nachrichten für die EZB. Wie Eurostat am Freitag in einer Erstschätzung mitteilte, lag die Jahresrate der Teuerung bei 2,2%, nach 2,6% im Vormonat. Anders als bei den deutschen Inflationszahlen am Vortrag hatten Ökonomen dieses Mal einen Rückgang in diesem Umfang erwartet. Es ist der niedrigste Inflationswert seit 2021.
Verantwortlich für die schwächere Inflation waren niedrigere Energiepreise, die im Jahresvergleich um 3% gesunken sind, während sie im Juli noch um 1,2% gestiegen waren. Diese Entwicklung ist teilweise auf statistische Basiseffekte zurückzuführen, da die Energiepreise vor einem Jahr vergleichsweise hoch waren. Im Monatsvergleich gab es ebenfalls einen Rückgang um 1%. Ökonomen und die EZB erwarten jedoch, dass sich diese Basiseffekte ab Herbst umkehren werden, was wiederum zu einem Anstieg der Inflation führen könnte.
Inflation bei Dienstleistungen steigt
Dass eine nachhaltige Rückkehr zum Inflationsziel noch auf sich warten lässt, legt auch der Blick auf die Kerninflation nahe. Diese klammert die schwankungsanfälligen Lebensmittel- und Energiepreise aus und gilt Ökonomen daher als guter Indikator für den mittelfristigen Inflationstrend. Die Kernrate sank erwartungsgemäß nur um 0,1 Prozentpunkte auf 2,8%. Treiber der relativ hohen Kerninflation sind die Dienstleistungspreise.
Die Dienstleitungsinflation legte im August von 4 auf 4,2% zu. Steigende Lohnkosten und eine hohe Nachfrage seit dem Ende der Pandemie verstärken die Teuerung in diesem Bereich. Für die EZB ist die Entwicklung der Dienstleistungsinflation von großer Bedeutung. Ohne einen deutlichen Rückgang kann die Notenbank ihr Inflationsziel nicht nachhaltig erreichen. Nach Einschätzungen der Notenbank muss die Dienstleistungsinflation auf mindestens 3% sinken, damit sich die Gesamtrate bei 2% stabilisiert. Zwar steigen die Preise für Waren kaum noch, jedoch reicht dies nicht aus, um die hohen Preissteigerungen im Dienstleistungssektor vollständig zu kompensieren.
Hoffnung der EZB ruht auf der Lohnentwicklung
Die EZB setzt darauf, dass sich das Lohnwachstum in der Eurozone deutlich verlangsamt – vor allem 2025 und 2026. In der Folge dürfte auch die Inflation bei den arbeitsintensiven Dienstleistungen nachlassen. EZB-Chefökonom Philip Lane bekräftigte in dieser Woche nochmal die Einschätzung der Notenbank bezüglich der Lohnentwicklung.
Der Aufholprozess bei den Löhnen nach Jahren der Reallohnverluste erreiche jetzt seinen Höhepunkt und in den nächsten zwei Jahren werde es „ziemlich deutliche Fortschritte geben“, was zu „einer viel geringeren Nominallohnsteigerungsrate“ führen werde. Zuletzt waren die Tariflöhne in der Eurozone etwas schwächer gestiegen als erwartet.
Eine Zinssenkung der EZB in rund zwei Wochen war an den Finanzmärkten bereits vor den neuen Inflationsdaten fest eingepreist. Daran hat sich auch nach der Bekanntgabe der Zahlen nichts geändert. „Angesichts einer Inflationsrate nahe ihrem Ziel dürfte die EZB die Leitzinsen weiter senken, zumal die Tariflöhne im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr mit 3,6% nicht mehr ganz so stark zugelegt haben wie im ersten Quartal mit 4,7%“, sagt Vincent Stamer, Ökonom bei der Commerzbank.
Vorsichtiger Kurs der EZB
Stamer sieht jedoch aufgrund des hohen unterliegenden Preisdrucks weniger Spielraum für Zinssenkungen bis Ende 2025 als die Finanzmarktteilnehmer. Während diese einpreisen, dass der Leitzins bis dahin bei rund 2,2% liegt, erwartet Stamer einen Wert von 2,75%. Auch Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, prognostiziert einen vorsichtigen geldpolitischen Lockerungskurs der EZB. „Der nur schleppende Rückgang der Kerninflationsrate wird die europäischen Währungshüter davon abhalten, von Sitzung zu Sitzung die Leitzinsen zurückzunehmen“, so Gitzel. „In Anbetracht der Preisrisiken im Dienstleistungssektor machen vorsichtige Zinssenkungen auch Sinn.“