Geldpolitik

Euro-Notenbanker dämpfen Zinshoffnung

Der jüngste Rückgang der Inflation im Euroraum reicht nicht aus für eine geldpolitische Kehrtwende, sagt EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann. Entscheidend sei jetzt die Entwicklung der Kerninflation. Da sieht es weniger gut aus.

Euro-Notenbanker dämpfen Zinshoffnung

ms Frankfurt

Die Europäische Zentralbank (EZB) muss nach Einschätzung von Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann ihre Leitzinsen so lange anheben, wie die so genannte Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) zunimmt – selbst wenn sich die Gesamtinflation weiter deutlich abschwächen sollte. Das betonte Holzmann am Mittwoch und bekräftigte damit die Entschlossenheit zu weiteren deutlichen Zinserhöhungen. Auch andere Notenbanker signalisierten weitere Zinsanhebungen – wobei sie mit einigen Aussagen aber auch Spekulationen auf eine weniger aggressive Geldpolitik nährten.

Nachdem die Inflation im Euroraum 2022 erstmals zweistellige Niveaus erreicht hat, hat sie zuletzt deutlich und auch stärker als erwartet nachgegeben. Von Oktober bis Dezember sank sie von 10,6% auf 9,2%. Viele Marktteilnehmer, aber auch einige Ökonomen und Politiker hoffen darauf, dass die EZB die Zinsen deswegen nicht mehr ganz so stark anhebt wie Mitte Dezember avisiert. Allerdings liegt die Inflation immer noch deutlich oberhalb des 2-Prozent-Ziels und die Kernrate hat im Dezember sogar auf 5,2% zugelegt – ein absolutes Rekordniveau.

„Solange die Kerninflation nicht ihren Höhepunkt erreicht hat, wird die Veränderung der Gesamtinflation nichts an unserer Entschlossenheit ändern“, sagte Holzmann nun. Die Kernrate gilt als besserer Gradmesser des zugrundeliegenden Preisdrucks. Die Sorge der Zentralbanker ist, dass es durch eine hartnäckig hohe Teuerung doch noch zu einer Lohn-Preis-Spirale kommt. EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hatte am Dienstag gewarnt, dass jüngste Daten einen „anhaltenden Anstieg des zugrundeliegenden Preisdrucks“ signalisierten.

Bereits im November vergangenen Jahres hatte auch Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau die Kerninflation in den Mittelpunkt gestellt (vgl. BZ vom 8.11.2022). Villeroy de Galhau gilt eher als „Taube“ im EZB-Rat, der oft Diskussionen im Rat abbildet, weswegen seine Worte stets viel Gehör finden.

In der EZB-Spitze ist die genaue Bedeutung der Kernrate aber derzeit teilweise umstritten. Viele Notenbanker werten die hohe Kernrate als Signal, dass sich der Preisdruck gefährlich in der Wirtschaft ausbreitet. Andere zweifeln den aktuellen Aussagegehalt an und sehen auch die Kernrate stark von der Energie getrieben, durch indirekte Effekte.

Neben Holzmann sprachen sich am Mittwoch auch Villeroy de Galhau und Portugals Notenbankchef Mário Centeno für weitere Zinserhöhungen aus. Centeno, der auch als geldpolitische „Taube“ gilt, sagte, dass es aktuell keine Alternative gebe.

Zugleich sagte Villeroy de Galhau allerdings, dass es bei weiteren Zinsschritten ein „pragmatisches Tempo“ brauche. Nachdem die Zinsen seit Juli bereits zusammengenommen um 250 Basispunkte angehoben worden seien, hätten sie inzwischen ein neutrales Niveau erreicht. Das heizte Spekulationen an, dass die EZB ihr Zinserhöhungstempo bald weiter drosseln könnte – auf 25 Basispunkte. Zuletzt hatte sie ihre Leitzinsen zweimal um 75 und dann im Dezember um 50 Basispunkte er­höht. Centeno äußerte die Hoffnung, dass bald das Ende des Zinserhöhungszyklus erreicht sein könnte.