Euroland nimmt Tsipras in die Pflicht

Brüssel und Berlin dringen auf Reformen - Premier will Schuldenerleichterungen - Koalition mit Rechten

Euroland nimmt Tsipras in die Pflicht

Die EU-Kommission, die Euro-Partner und die Bundesregierung haben Griechenlands alten und neuen Premier Alexis Tsipras nach seinem Wahlerfolg aufgefordert, zügig die vereinbarten Reformen und Sparmaßnahmen umzusetzen. Erst dann sollen Milliarden aus dem dritten Hilfsprogramm fließen. Tsipras drängte am Tag nach der Wahl auf rasche Verhandlungen über Schuldenerleichterungen.fed/wf Brüssel/Berlin – Der Vorsitzende der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, bezeichnete das Wahlergebnis in Griechenland als “starkes Mandat”, um den Reformkurs fortzusetzen. Der Niederländer unterstrich seine Bereitschaft, den Premier Alexis Tsipras dabei zu unterstützen. Das Linksbündnis Syriza hatte am Sonntag die vorgezogenen Parlamentswahlen klar für sich entschieden. Die Partei von Tsipras wird im neuen Parlament 145 der 300 Sitze erhalten. Zusammen mit den Rechtspopulisten von Anel, mit denen Tsipras erneut eine Koalition schmieden möchte, bringt es die neue Regierung auf 155 Sitze. Die Christdemokraten müssen sich mit 75 Mandaten bescheiden. Drittstärkste Kraft ist die rechtsextreme und ausländerfeindliche Goldene Morgenröte, die 18 Abgeordnete ins Parlament entsendet. Auf den weiteren Plätzen folgen Sozialdemokraten (17), Kommunisten (15) und die Linksliberalen von To Potami (11). Griechenlands Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos erteilte Tsipras bereits gestern das Mandat zur Regierungsbildung und hat ihn noch am gestrigen Abend als Premier vereidigt.Tsipras kündigte als vorrangiges Ziel Verhandlungen mit den Geldgebern über Erleichterungen beim Schuldendienst an. Griechenland zahlt bereits aktuell wenig Zinsen und hat deutlich mehr Zeit für die Tilgung seiner Schulden bei den Euro-Partnern eingeräumt bekommen. In den nächsten sieben Jahren muss das Land gar nichts zurückzahlen. Zudem sind die Laufzeiten bereits auf im Schnitt mehr als 30 Jahre gestreckt. Nun sind Verlängerungen auf 50 Jahre und mehr im Gespräch, so dass die jährliche Zins- und Tilgungslast auch langfristig wohl kaum die Schwelle von 15 % pro Jahr überschreitet, die nach einer internationalen Faustformel als Marke für beherrschbaren und tragfähigen Schuldendienst gilt.Die Aussichten für Tsipras, Zugeständnisse der Euro-Kapitalgeber zu erreichen, stehen recht gut – vorausgesetzt, dass die Griechen im Oktober oder November die zugesagten Reformen und Sparmaßnahmen tatsächlich liefern. Denn für diesen Fall haben die Euro-Partner angedeutet, dass sie über längere Laufzeiten zu beraten bereit sind. Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der EU-Kommission, bestätigte gestern in Berlin, dass “diese Möglichkeit bereits im Reformprogramm angelegt” sei. Mit ihren Reformen müssen sich die Griechen ohnehin beeilen. Denn erstens brauchen sie spätestens im November frisches Geld. Und zweitens hängt auch die Möglichkeit zur Rekapitalisierung der angeschlagenen heimischen Banken an der Reformbereitschaft.In Berlin zeigte sich die Bundesregierung hoffnungsvoll, dass die neue Regierung in Athen die Zusagen einhält. Das Paket sei nicht mit einer bestimmten Regierung, sondern mit dem Staat Griechenland abgeschlossen worden, stellte Regierungssprecher Steffen Seibert fest. Industriepräsident Ulrich Grillo forderte Rahmenbedingungen und starke staatliche Institutionen in Hellas ein. “Dann wird das Land die europäischen Gelder abrufen und zum Wachstum zurückkehren können.” Der Bankenverband BdB verlangte, dass die neue Regierung sich die Reformen zu eigen mache. Sie müsse in der Gesellschaft für einen umfassenden Reformkurs werben, erklärte BdB-Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer.