EU will Sanktionsschraube anziehen
BZ Frankfurt
Die EU will mit weiteren Sanktionen auf die Teilmobilmachung Russlands im Ukraine-Krieg reagieren. Dabei herrscht aber Uneinigkeit zwischen den EU-Staaten. Inzwischen sind nach nur schwer überprüfbaren Angaben rund eine halbe Million Russen im wehrfähigen Alter aus dem Land geflohen. Die EU-Kommission fordert eine einheitliche Linie im Umgang mit den Russland-Flüchtlingen.
„Es ist klar, dass Russland versucht, die Ukraine zu zerstören“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einem Sondertreffen der EU-Außenminister am Rande der UN-Generalversammlung in New York. „Wir werden neue restriktive Maßnahmen sowohl auf persönlicher als auch auf sektoraler Ebene ergreifen.“ Dies solle in Abstimmung mit den internationalen Partnern geschehen. Die Strafmaßnahmen würden weitere Auswirkungen auf die russische Wirtschaft haben, etwa auf den stark von Importen aus dem Westen abhängigen Technologiesektor. Zudem sagte Borrell, dass die Ukraine weitere Waffen erhalten solle. Details wurden zunächst nicht bekannt. Zudem sind sich die EU-Staaten noch uneins: Ungarn scherte am Donnerstag aus der EU-Sanktionsfront aus und fordert die Aufhebung aller Russland-Sanktionen bis Jahresende. Die nach dem Angriff auf die Ukraine verhängten Strafmaßnahmen gegen Moskau seien den Europäern „von den Brüsseler Bürokraten aufgezwungen“ worden, sagte der ungarische Präsident Viktor Orbán. Die Sanktionen verursachten Wirtschaftsprobleme, die Energiekrise und die Inflation, erklärte er demnach weiter. Orbán pflegt ein gutes Verhältnis zum Kremlchef Wladimir Putin. Die Sanktionsbeschlüsse der EU erfordern Einstimmigkeit unter den Mitgliedsländern.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Mittwoch eine Teilmobilmachung der eigenen Streitkräfte angefordert, die noch am Mittwoch beginnen sollte. Damit will er die Personalprobleme an der Front lösen. Am Donnerstag kam es erneut zu Protesten gegen die Mobilmachung. Die Fluchtbewegung aus dem Land verstärkt sich zudem Beobachtern zufolge. Nach einem Run im Internet auf Flugtickets ins Ausland berichtete der finnische Grenzschutz am Donnerstag über vermehrte Einreisen von Russen. Auch an der Grenze zu Georgien bildeten sich lange Schlangen. Die EU-Kommission plädierte am Donnerstag für eine gemeinsame Linie. Kommissionssprecher Peter Stano erklärte aber auch, die EU-Länder müssten Einreiseanträge von Russen auf Einzelfallbasis entscheiden und dabei die Grundrechte und das Asylrecht berücksichtigen.