JAPAN

Experiment Abenomics

Die Wähler in Japan haben grünes Licht für die Wirtschaftspolitik der Abenomics gegeben. So könnte man die Bestätigung der Zweidrittelmehrheit der Koalition von Shinzo Abe bei der vorgezogenen Parlamentswahl leicht interpretieren. Bei den...

Experiment Abenomics

Die Wähler in Japan haben grünes Licht für die Wirtschaftspolitik der Abenomics gegeben. So könnte man die Bestätigung der Zweidrittelmehrheit der Koalition von Shinzo Abe bei der vorgezogenen Parlamentswahl leicht interpretieren. Bei den überfälligen Strukturreformen sollte es daher Fortschritte geben. Bisher war der Regierungschef aus Sorge um einen schnellen Machtverlust den Forderungen der starken Lobbys der Bauern, Ärzte und Apotheker sowie den Gewerkschaften aus dem Weg gegangen. Nun hat er vier Jahre Zeit, diese Kämpfe zu führen und zu gewinnen. Dazu zählen Freihandelsverträge, die Öffnung der Landwirtschaft und Sonderwirtschaftszonen. Diese Reformen werden mit vielen Kompromissen kommen, aber weniger schnell und tiefgreifend sein, als es viele Anleger heute erwarten.Die Skepsis der Verbraucher und Unternehmen in Japan gegenüber Abenomics ist nämlich viel größer, als es das eindeutige Ergebnis suggeriert. Das belegen die rekordtiefe Wahlbeteiligung und das verschlechterte Geschäftsklima. Von der Substanz her konnte diese Wirtschaftspolitik nur halb überzeugen: Die Abwertung des Yen als Folge der extrem lockeren Geldpolitik hat die Gewinne vieler Firmen erhöht und dadurch viele Arbeitsplätze in Japan gesichert. Die staatlichen Konjunkturspritzen zusammen mit der schrumpfenden Erwerbsbevölkerung sorgten für Vollbeschäftigung. Aber auf der negativen Seite wurden Konsum und Produktion durch die stark gestiegenen Importpreise belastet. Die Lohnerhöhungen blieben dahinter zurück.Viele Japaner fühlen sich wie Versuchskaninchen in einem großen Wirtschaftsexperiment. Im Szenario von Notenbank-Chef Haruhiko Kuroda sollte die Rückkehr der Inflation das ökonomische Verhalten in Japan grundlegend verändern. Aus Sorge über die Geldentwertung würden die Bürger ihr Bargeld in den Konsum stecken und die Firmen ihre Reserven von umgerechnet 1,3 Bill. Euro für Kapitalausgaben und Lohnerhöhungen verwenden. Wenn diese privaten Überschüsse in die Wirtschaft flossen, könnte die Regierung ihr massives Haushaltsdefizit herunterfahren. Konsumbremsende Steuererhöhungen wie im Frühjahr wären nicht mehr notwendig. Nur quält viele Menschen die Furcht, dass dieses Experiment auch anders ausgehen könnte. Zur Beruhigung setzt Abe auf deutliche Lohn- und Gehaltssteigerungen bei den Tarifverhandlungen im Frühjahr kommenden Jahres. Denn wenn die Konjunktur nicht bald wieder in die Gänge kommt, ist sein politisches Kapital schnell verspielt.