„Exportabschwung ist eingeläutet“
rec Frankfurt
Der Krieg in der Ukraine schlägt merklich auf die Geschäfte der deutschen Exportwirtschaft durch. Die Ausfuhren sind im Mai kalender- und saisonbereinigt unerwartet gesunken, meldete das Statistische Bundesamt (Destatis). Maßgeblich für das überraschende Minus war die schwächelnde Nachfrage aus dem europäischen Ausland. Infolgedessen ist die Außenhandelsbilanz erstmals seit der Weltfinanzkrise ins Negative gedreht: Deutsche Unternehmen führten im Mai, gemessen am Warenwert, mehr ein als aus.
Industrieverbände reagierten ernüchtert. „Der Exportabschwung ist eingeläutet“, kommentierte der Außenwirtschaftschef des Industrieverbands DIHK, Volker Treier. Die Exporteure seien immer weniger in der Lage, steigende Kosten an internationale Kunden weiterzureichen. Der DIHK weist seit Monaten darauf hin, dass die bislang robusten Exportzahlen in erster Linie das Ergebnis höherer Preise sind. Dirk Jandura, Chef des Außenhandelsverbands BGA, schätzt die Aussichten als „düster“ ein. Der Krieg und anhaltende Lieferkettenprobleme würden „noch wesentlich stärkere Spuren hinterlassen“.
Jandura hob die guten Geschäfte mit den USA hervor: Im bedeutendsten Absatzmarkt setzten deutsche Unternehmen laut Destatis 5,7% mehr ab als im April. Für den Exportrückgang sorgte im Mai vor allem das schwächelnde Geschäft mit den anderen EU-Staaten, die unter den Folgen des russischen Kriegs gegen die Ukraine leiden. Zur allgemeinen Verunsicherung etwa in Form stark steigender Preise kommt, dass zugleich die Zinsen steigen und Kredite für Investitionen sich verteuern. Die Ausfuhren innerhalb des EU-Binnenmarkts schrumpften um 2,8% auf 67,5 Mrd. Euro. Die Exporte nach Großbritannien fielen um 2,5% auf 5,8 Mrd. Euro. Die gut laufenden Geschäfte mit den amerikanischen Kunden konnten das nicht ausgleichen.
Mehr Importe als Exporte
Die deutschen Unternehmen zehren von ihrer nach wie vor guten Auftragslage. Allerdings gingen zuletzt nicht mehr so viele Neuaufträge ein, mahnte BGA-Chef Jandura. Außerdem haben sich die vom Ifo-Institut monatlich ermittelten Exporterwartungen laut jüngster Umfrage eingetrübt.
Die Importe legten im Mai auf Monatssicht um 2,7% zu, was nicht zuletzt an den stark gestiegenen Einfuhrpreisen vor allem im Energiebereich liegt. Dadurch stand erstmals seit fast anderthalb Jahrzehnten auf Monatssicht wieder ein negativer Außenhandelssaldo zu Buche. Deutsche Unternehmen führen in der Regel deutlich mehr Waren aus als ein, was vor allem im Ausland immer wieder zu Kritik führte.