ExklusivKonjunkturtableau Deutschland

Exporteinbruch verstärkt Wachstumsschwäche

Die deutsche Konjunktur kommt nicht vom Fleck. Für das laufende Jahr droht erneut eine Stagnation. Die jüngste Einigung auf zwei Finanzpakete könnte das Spiel komplett drehen und Konsumenten sowie Investoren wieder Zuversicht geben.

Exporteinbruch verstärkt Wachstumsschwäche

Exporteinbruch verstärkt Wachstumsschwäche

Das von ZEW und Börsen-Zeitung konzipierte Konjunkturtableau für Deutschland lässt auch ein paar Lichtblicke zu

lz Frankfurt

Die deutsche Wirtschaft läuft im Moment im Leerlauf: Schon seit zwei Jahren stagniert die Entwicklung, verliert der Standort an Wettbewerbsfähigkeit und fehlt es an Modernisierungsinvestitionen. Deutschland ist Wachstumsschlusslicht in Europa und der Welt. Mit der jüngsten Einigung der neuen Koalitionäre mit den Grünen über zwei Finanzpakete (Investitionen und Verteidigung) soll das Steuer herumgerissen werden, ein Impuls für mehr Wachstum gesetzt werden und die Unsicherheit bei Investoren und Konsumenten weichen.

Angesichts der prekären aktuellen Lage ist die Parteieinigung ein erster Hoffnungsschimmer, wie das Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung und des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt, in dem die vorliegenden Prognosen von Instituten und Banken zusammengefasst und ein Medianwert errechnet wird: Deutschland verzeichnete im vierten Quartal 2024 einen Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um minus 0,2%. Ausschlaggebend dafür war der Einbruch der Exporte im letzten Vierteljahr um minus 2,2% gegenüber dem Vorquartal (minus 3,4% gegenüber dem Vorjahresquartal). Einen stärkeren Rückgang gab es zuletzt im zweiten Quartal 2020, schreibt ZEW-Ökonomin Lora Pavlova. Dagegen hätten sich sowohl der private als auch der staatliche Konsum zum Jahresende erholt.

Unsicherheitsfaktor Zölle

Aufs Gesamtjahr betrachtet ergibt sich damit ein Rückgang des BIP um 0,2% zum Vorjahr. Damit sei erstmals seit 2002/2003 zwei Jahre in Folge ein negatives Wachstum zu verzeichnen. Auch für die kommenden Jahre sind die Wachstumsaussichten verhalten. Die Wachstumsprognosen wurden im Median für 2025 auf 0,2% halbiert. Darüber hinaus verringert sich die Spannweite der einzelnen Wachstumserwartungen um 1,2 Prozentpunkte auf 1,5 Prozentpunkte.

Die Verschlechterung der Aussichten ist dem ZEW zufolge in erster Linie auf einen deutlichen Rückgang der Exportprognosen zurückzuführen. Diese seien im Vergleich zum Vormonat um einen ganzen Prozentpunkt auf minus 0,5% nach unten revidiert worden. „Der starke internationale Wettbewerb sowie die Einführung von Zöllen bei wichtigen Handelspartnern wie den USA könnten der Grund für die sich eintrübenden Exportaussichten sein“, vermutet Pavolva.

Auch bei den Anlageinvestitionen wird mit einem stärkeren Rückgang gerechnet (minus 0,3%). Demgegenüber verbessern sich die Erwartungen sowohl für den Privat- als auch für den Staatskonsum. Diese sollen um 0,8 bzw. 1,7% zulegen – jeweils 0,3 Prozentpunkte stärker als noch im Februar erwartet. Erst im Jahr 2026 dürfte sich nach den Schätzungen der Ökonomen die deutsche Wirtschaft mit einem prognostizierten Wachstum von 1,1% allmählich erholen.

Im Vergleich dazu sind die Wachstumserwartungen für die Eurozone etwas optimistischer. Für 2025 und 2026 werden Wachstumsraten von 1,0 bzw. 1,2% prognostiziert. Sollte sich diese Entwicklung bestätigen, würde Deutschland wirtschaftlich weiter hinter das Niveau der Eurozone zurückfallen.

Inflation weniger im Fokus

Die Inflationssorgen scheinen in Deutschland dagegen nachzulassen. Die Teuerungsrate ging im Februar zuletzt um 0,1 Prozentpunkte leicht zurück auf 2,4%. Anfang März entschloss sich die EZB für eine weitere Lockerung der Geldpolitik und führte damit die sechste Zinssenkung seit Juni 2024 durch. Bisher hätten diese Entwicklungen jedoch keine Auswirkungen auf die Inflationserwartungen der Expertinnen und Experten für 2025 gehabt, schreibt Pavlova. Für 2026 wird eine Inflationsrate von 2,0% erwartet, ähnlich dem Wert für die Eurozone.

Entsprechend bleiben die Zinserwartungen zum Februar unverändert. Die kurzfristigen Zinsen auf Sicht von drei Monaten liegen weiter bei 2,3%. Die Prognose für die nächsten zwölf Monate sieht einen Rückgang um 0,3 Prozentpunkte auf 2,0% vor, womit für 2025 mindestens ein weiterer Zinsschritt erwartet wird. Auf eine weitere Lockerung wollte sich der EZB-Rat zuletzt jedoch aufgrund der hohen Unsicherheit durch Handelsstreitigkeiten und anhaltende geopolitische Spannungen nicht festlegen.

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