Zinsentscheid

Leitzinsen im Euroraum fallen weiter

Die EZB senkt abermals die Leitzinsen um 25 Basispunkte. Der Optimismus beim Inflationsausblick veranlasst die Notenbank zu diesem Schritt.

Leitzinsen im Euroraum fallen weiter

Die EZB beschließt die fünfte Zinssenkung seit dem Beginn der Zinswende im Juni 2024. Wie die Notenbank am Donnerstagnachmittag in Frankfurt mitteilte, fallen die Leitzinsen um jeweils 25 Basispunkte. Der für die Geldpolitik wichtige Einlagensatz liegt damit ab dem 5. Februar bei 2,75%. Ökonomen hatten fest mit einem solchen Schritt der EZB gerechnet.

„Der Disinflationsprozess schreitet gut voran“, teilte die EZB in ihrer Stellungnahme zum Zinsentscheid mit. „Die Inflation hat sich im Wesentlichen weiterhin im Einklang mit den Projektionen entwickelt und dürfte im laufenden Jahr zum mittelfristigen Zielwert des EZB-Rats von 2% zurückkehren.“ Dementsprechend dürften es nicht die letzte Zinssenkung der Notenbank gewesen sein. An den Finanzmärkten wird mehrheitlich mit rund drei weiteren Zinssenkungen um insgesamt 75 Basispunkte in diesem Jahr gerechnet, womit der Einlagensatz dann bei 2% läge. Eine Anpassung nach unten um 25 Basispunkte beim nächsten EZB-Entscheid im März gilt als sehr wahrscheinlich.

Debatte um neutralen Zins

Danach könnten die Diskussionen im EZB-Rat jedoch kontroverser werden, da sich der Einlagensatz dann auf einem Niveau befände, das nach Einschätzung einiger Notenbanker womöglich nicht mehr restriktiv auf die Wirtschaft wirkt. Wo genau das neutrale Niveau liegt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Die Einschätzungen von Ökonomen schwanken zwischen 3 und 1,5%, wobei die meisten einen Einlagensatz über 2,5% als definitiv noch restriktiv ansehen.

„Mit der großen Einigkeit im Zentralbankrat könnte es im Frühjahr jedenfalls vorbei sein“, sagt Stephanie Schoenwald, Volkswirtin bei KfW Research. „Denn unter den Ratsmitgliedern zeigen sich bereits jetzt unterschiedliche Einschätzungen, wo der neutrale Leitzins genau zu verorten ist und welche Risiken für die europäische Preisstabilität von der US-Zollpolitik ausgehen.“

Wachstumssorgen bei der EZB

Die Inflation im Euroraum lag im Dezember bei 2,4%. Zum Jahresauftakt dürfte die EZB keinen größeren Schritt Richtung des Inflationsziels verbuchen können. Eine Erstschätzung der Januar-Daten veröffentlicht das Statistikamt Eurostat am Montag. Im weiteren Jahresverlauf wird sich die Teuerung nach Einschätzung der Notenbank jedoch bei 2% stabilisieren. Dies liege unter anderem daran, dass sich das Lohnwachstum laut den EZB-Prognosen ab dem zweiten Quartal deutlich verlangsame. Kräftige Lohnsteigerungen haben 2024 zu einer hartnäckig hohen Inflation im arbeitsintensiven Dienstleistungssektor geführt. Die Güterinflation lag dagegen deutlich unter 2%.

„Die makroökonomischen Risiken haben sich von Sorgen über hohe Inflation hin zu Bedenken über ein schwaches Wachstum verschoben“, meint Konstantin Veit, Leiter des European Rates- und Short-Term Desks bei Pimco. „Die von der EZB prognostizierte vierteljährliche Wachstumsrate von 0,3% im Jahr 2025 scheint zunehmend eine Obergrenze darzustellen.“ Im März stehen neue Projektionen der EZB zu Inflation und Wirtschaftswachstum an. Diese könnten einen größeren Einfluss darauf haben, wie schnell und stark die Notenbank weiter lockert.

Erhöhte Unsicherheit

Unsicherheit bezüglich des Inflationsausblicks geht zudem von der Handelspolitik der USA aus. Bislang hat sich US-Präsident Donald Trump mit Zollankündigungen zurückgehalten. Das könnte sich jedoch spätestens ab April ändern. Bis dahin sollen die Behörden auf Trumps Anweisung die US-Außenhandelspolitik umfassend überprüfen – etwa auf mögliche unfaire Handelspraktiken anderer Staaten.

Sollte Trump zu Zöllen in einem größeren Umfang greifen, ist zudem der genaue Effekt auf die Inflation in Euroraum unklar. Ein schwächeres Wirtschaftswachstum in Folge eines Handelskonflikts würde den Inflationsdruck dämpfen. Angebotsengpässe durch Lieferkettenstörungen oder mögliche Gegenzölle der EU wiederum würden den Inflationsdruck erhöhen.