EZB-Bilanz bremst Geldpolitik aus
EZB-Bilanz bremst Geldpolitik aus
Ratsmitglied Cipollone hält mehr Zinssenkungen wegen niedrigerer Bilanzsumme für denkbar
mpi Frankfurt
Die seit 2022 sinkende Bilanzsumme der EZB dämpft die Auswirkungen der Zinssenkungen. EZB-Direktor Piero Cipollone hebt daher hervor, dass die Notenbank dies bei der Steuerung ihrer Geldpolitik berücksichtigen müsse. „Während wir die Zinssätze allmählich in Richtung des neutralen Bereichs senken, müssen wir uns der Tatsache bewusst sein, dass wir nun zwei geldpolitische Instrumente haben, die in entgegengesetzte Richtungen wirken, da wir die quantitative Straffung fortsetzen“, sagte der Notenbanker am Dienstag auf einer Veranstaltung von MNI. „Dies ist ein Novum in der Geschichte der EZB.“
Unter anderem durch das Auslaufen des Anleihekaufprogramms APP sinkt die Bilanzsumme der EZB, was Folgen für die Finanzierungskonditionen im Euroraum hat. „Wenn die Liquidität durch die Zentralbank abnimmt, kann es zu einer Verschärfung der Kreditbedingungen in der Wirtschaft kommen“, sagt Cipollone. Die Zinssenkungen wiederum wirken genau in die andere Richtung, sie verbessern die Finanzierungskonditionen. Die EZB reduziert seit Juni 2024 sukzessive den Einlagensatz. Damit lockert sie angesichts der Fortschritte beim Rückgang der Inflation die Geldpolitik.
Auswirkungen auf die Geldpolitik
Laut Cipollone muss die EZB aufgrund der sinkenden Bilanzsumme womöglich mehr Zinssenkungen beschließen. „Dies ist eine wichtige Überlegung bei der Diskussion über den geeigneten Leitzinspfad“, sagte er bezogen auf die Effekte der quantitativen Straffung auf die Finanzierungskonditionen.
Die Bilanzverkürzung der EZB wird sich fortsetzen. Wie sich die Bilanz der Notenbank im vergangenen Jahr im Detail entwickelt hat, kommuniziert die EZB am Donnerstag bei der Vorstellung ihres Jahresabschlusses für 2024. Vor zwölf Monaten musste sie erstmals seit fast 20 Jahren einen Verlust verkünden, trotz der vollständigen Auflösung der Rückstellungen für finanzielle Risiken.
EZB dürfte Verlust verkünden
Auch im abgelaufenen Geschäftsjahr wird die Europäische Zentralbank rote Zahlen geschrieben haben. Der Grund dafür ist, dass die Notenbank durch die Zinserhöhungen ab 2022 deutlich höhere Zinsen für die Einlagen der Geschäftsbanken bei ihr zahlen muss, als in den Jahren davor. Durch die im September 2023 eingeleitete Zinswende wird dieser Effekt jedoch geringer. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass die EZB am Donnerstag einen kleineren operativen Verlust verkünden wird als im Jahr davor.
Anders als eine Geschäftsbank ist das Ziel einer Notenbank nicht möglichst hohe Gewinne zu erzielen, sondern die Preisstabilität sicherzustellen. Zudem droht weder der EZB, noch der Bundesbank, die kommende Woche ihre Zahlen präsentiert, durch die operativen Verluste die Zahlungsunfähigkeit. Schließlich kann das Eurosystem selbst gesetzliche Zahlungsmittel in Umlauf bringen und dadurch ihre Solvenz sicherstellen.