Geldpolitik

EZB hält Kurs – Inflation steigt auf 4,6 Prozent

Der EZB-Rat vertagt Beschlüsse über die Zukunft der Anleihekäufe. Die Inflation in Deutschland zieht weiter an. Die hiesige Finanzbranche kauft der EZB das Szenario deutlich rückläufiger Teuerung nicht ab.

EZB hält Kurs – Inflation steigt auf 4,6 Prozent

Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt ihre lockere Geldpolitik vorerst unverändert fort. Der EZB-Rat bekräftigte seine im September bekundete Absicht, im Rahmen des Notfallkaufprogramms PEPP Anleihen in etwas geringerem Umfang als im zweiten und dritten Quartal zu erwerben. Das Programm mit einem Volumen von 1,85 Bill. Euro ist nach wie vor bis März 2022 befristet. Die Entscheidung, wie es danach weitergeht, vertagte der EZB-Rat erwartungsgemäß auf die letzte Sitzung des Jahres im Dezember.

Die EZB steckt in einer heiklen Phase ihren Nachkrisenkurs ab, denn seit Monaten ziehen sowohl die Teuerungsraten als auch die langfristigen Inflationserwartungen unaufhörlich an. Wie das Statistische Bundesamt am Nachmittag kurz nach Bekanntwerden der EZB-Beschlüsse berichtete, ist die Inflation in Deutschland nach der für die EZB maßgeblichen HVPI-Rate im Oktober auf 4,6% gestiegen. Nach nationaler Rechnung (VPI) waren es 4,5%. Beide Schätzungen liegen leicht über den Konsenserwartungen von Analysten.

In Spanien ist die Inflation im Oktober laut Harmonisiertem Verbraucherpreisindex (HVPI) gar auf 5,5% gesprungen. Somit ist damit zu rechnen, dass die Inflation in der gesamten Eurozone ebenfalls deutlich angezogen hat. Die Statistikbehörde Eurostat veröffentlicht am Freitag eine erste Schätzung. Erwartet wird ein Anstieg von 3,4 auf 3,7%.

Auch die Inflationserwartungen in Euroland legen immer weiter zu: Der sogenannte Five-Year-Five-Year-Forward hat erstmals seit acht Jahren die Marke von 2% überschritten. Das bedeutet: Finanzmarktteilnehmer erwarten für die Jahre 2026 bis 2031 eine durchschnittliche Inflationsrate jenseits des EZB-Ziels von 2%.

Angesichts dieser Gemengelage mehren sich Zweifel an der Einschätzung der EZB, bei dem Preisschub handele es sich um ein weitgehend temporäres Phänomen. Die deutsche Finanzbranche glaubt zu einem ganz überwiegenden Teil nicht mehr an eine kurzfristige Normalisierung der Inflationsraten in Deutschland und im Euroraum. In einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Center for Financial Studies (CFS) gaben 72% der Befragten an, dass sie nicht damit rechnen, dass die Inflation bis Mitte des kommenden Jahres auf rund 2% nachgeben wird. Ein solches Szenario unterstellen viele Marktteilnehmer und auch die Europäische Zentralbank setzt auf eine deutlich rückläufige Teuerung im kommenden Jahr.

Angesichts dieser Inflationseinschätzung sind denn auch knapp 88% der Teilnehmer im CFS-Panel der Auffassung, dass die EZB aus ihrer expansiven Geldpolitik aussteigen sollte. Knapp 89% der Befragten halten es zudem für geboten, dass die EZB zeitnah eine moderate Erhöhung der Leitzinsen vornimmt.

Der EZB-Rat steuert auf ein Ende des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP im März 2022 zu. Allerdings fordern viele Euro-Hüter, das zu flankieren mit einer parallelen Aufstockung des APP-Programms oder einem neuen Kaufprogramm. Zinserhöhungen im Jahr 2022 haben wichtige Euro-Notenbanker wie EZB-Chefvolkswirt Philip Lane zuletzt eine Absage erteilt.