Geldpolitik

EZB signalisiert weitere Zinssenkungen

Einen Tag nach dem Zinsentscheid der EZB betonen die Notenbanker den Spielraum für weitere Zinssenkungen im kommenden Jahr. Eine Lockerung Ende Januar erscheint so gut wie sicher. Fraglicher ist die genaue Höhe, doch vieles deutet auf eine erneute Anpassung um 25 Basispunkte hin.

EZB signalisiert weitere Zinssenkungen

EZB signalisiert weitere Zinssenkungen

Lockerung um 50 Basispunkte im Januar wohl unwahrscheinlich – Dienstleistungsinflation im Fokus

Einen Tag nach dem Zinsentscheid der EZB betonen die Notenbanker den Spielraum für weitere Zinssenkungen im kommenden Jahr. Eine Lockerung auf der nächsten Sitzung Ende Januar erscheint so gut wie sicher. Fraglicher ist die genaue Höhe, doch vieles deutet auf eine erneute Anpassung um 25 Basispunkte hin.

mpi Frankfurt

Kommentar Seite 2

Äußerungen von mehreren EZB-Räten nach dem Zinsentscheid der Notenbank am Donnerstag deuten darauf hin, dass die Leitzinsen im Euroraum bei der nächsten geldpolitischen Sitzung Ende Januar erneut fallen werden. Kontroverser scheint die Höhe des Zinsschritts zu sein – wobei einiges darauf hindeutet, dass sich der EZB-Rat abermals gegen eine Zinssenkung um 50 Basispunkte entscheiden wird.

Rund eine handvoll EZB-Räte hatte am Donnerstag mit einem kräftigeren Zinsschritt geliebäugelt. Sie waren letztlich jedoch auf den Konsens eines graduellen Ansatzes bei der Lockerung der Geldpolitik eingeschwenkt. Diese Vorgehensweise ermöglicht es der EZB abzuwarten, ob sich die Inflation tatsächlich in die gewünschte und erwartete Richtung bewegt.

EZB sieht sich auf Kurs

Zuletzt war die Inflation aufgrund von statistischen Effekten auf 2,3% gestiegen. Sie dürfte zunächst auch weiter klettern. Anschließend erwartet die EZB, dass die Inflation nachlässt und sich dann bei 2% stabilisiert. Ein großes Fragezeichen ist jedoch die Zollpolitik von Donald Trump und ihre Auswirkungen auf die Euro-Inflation. Da der Republikaner nur wenige Tage vor der nächsten EZB-Zinssitzung sein Amt antritt, dürfte die Notenbank bei diesem Treffen diesbezüglich kaum mehr Klarheit haben.

„Der Disinflationsprozess bleibt auf Kurs, sodass wir die Zinssätze senken können“, schreibt Gabriel Makhlouf, Präsident der irischen Zentralbank, in einer Mitteilung auf der Webseite der Notenbank. „Da jedoch einige Komponenten der Inflation immer noch zu hoch sind – insbesondere die Dienstleistungsinflation – bevorzuge ich weiterhin eine allmähliche Senkung der Zinssätze gegenüber großen Schritten.“

Erhebliche Unsicherheiten

Luxemburgs Notenbankchef Gaston Reinesch bezeichnete es im Interview mit dem Hörfunksender „Radio 100,7“ als „nicht total unvernünftig“, dass die EZB schrittweise den Einlagensatz mit zwei Zinssenkungen um 25 Basispunkte auf 2,5% senkt, wenn sich die Inflation tatsächlich auf die 2% zubewegt. Man sei zwar auf guten Wege, das Inflationsziel im Frühling zu erreichen. Doch es gebe auch erhebliche Unsicherheiten durch den Regierungswechsel in den USA sowie die politische Situation in Deutschland und Frankreich.

Martins Kazaks, Notenbankpräsident in Lettland, ist hingegen offen für einen großen Zinsschritt um 50 Basispunkte gleich im Januar. Auf der Webseite seiner Notenbank begründete er diese Haltung damit, dass der neutrale Zins näher an 2% als an 3% liegen würde. Mit dem neutralen Zins ist das Niveau gemeint, das die wirtschaftliche Entwicklung weder ankurbelt noch ausbremst. „Deutliche Zinssenkungen sind also weiterhin nötig“, schreibt Kazaks.


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Die EZB sieht es nicht mehr als notwendig an, die Geldpolitik über einen hinreichend langen Zeitraum restriktiv zu halten, um ihr Inflationsziel zu erreichen. Den entsprechenden Passus hat die Notenbank aus ihrer Kommunikation nach einem Zinsentscheid gestrichen. Kazaks hält es für richtig, dass die EZB bislang schrittweise bei der Lockerung der Geldpolitik vorgegangen ist. Aber nun sollte man eine größere Lockerung nicht mehr ausschließen.

Größere Zuversicht

Viel Spielraum für weitere Lockerungen sieht auch der französische Notenbankchef François Villeroy de Galhau. „Ich stelle fest, dass wir mit den Prognosen der Finanzmärkte für die Zinssätze im nächsten Jahr insgesamt recht zufrieden sind“, sagte er dem französischen Radiosender „BFM Business“. An den Finanzmärkten wird derzeit damit gerechnet, dass die EZB den Einlagensatz bis Ende 2025 von 3% auf unter 2% senkt. Damit befände er sich auf einem Niveau, das die meisten Ökonomen als expansiv einschätzen.

Sloweniens Notenbankchef Bostjan Vasle blickt optimistisch auf die Entwicklung der Inflation bei Dienstleistungen. „Die Dienstleistungsinflation ist nach wie vor hoch, hat sich aber in den letzten
Monaten abgeschwächt, was unter anderem auf ein geringeres Lohnwachstum zurückzuführen ist“, schreibt Vasle in einer Stellungnahme auf der Webseite der Notenbank. „Dadurch hat sich die Unsicherheit über die Nachhaltigkeit der Rückkehr der Inflation zum Ziel stetig verringert.“

Die Dienstleistungsinflation ist zuletzt von 4 auf 3,9% gesunken. Sie ist aber damit immer noch zu hoch, um kompatibel mit einem nachhaltigen Erreichen des Inflationsziels zu sein. Die EZB erwartet, dass das Lohnwachstum 2025 nachlässt und so der Inflationsdruck im arbeitsintensiven Dienstleistungssektor sinkt.

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