Geldpolitik

EZB sorgt sich um wirtschaftliche Erholung

Die Euro-Notenbanker werten den Anstieg der Euro-Staatsanleiherenditen als eine Gefahr für die wirtschaftliche Erholung im Euroraum. Die Anleihekäufe werden vorübergehend deutlich erhöht.

EZB sorgt sich um wirtschaftliche Erholung

ms Frankfurt

Die Europäische Zentralbank (EZB) sorgt sich wegen des jüngsten starken Anstiegs der Euro-Staatsanleiherenditen um die wirtschaftliche Erholung im Euroraum und will deshalb vorübergehend die Anleihekäufe im Zuge des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP deutlich erhöhen. Das soll die Finanzierungskosten für Unternehmen, Privathaushalte und Staaten niedrig halten, wie der EZB-Rat am Donnerstag nach seiner Sitzung ankündigte. Die Notenbanker erwarten indes 2021 weiter eine spürbare Wirtschaftserholung und deutlich mehr Inflation als bislang prognostiziert – das aber nur vorübergehend.

In den vergangenen Wochen haben die Euro-Renditen deutlich angezogen an. Hintergrund des Trends, der vor allem auch von den US-Renditen beeinflusst ist, sind verbesserte Wachstumsaussichten und die anziehende Inflation. Der Trend steht aber in einem gewissen Widerspruch zum Ziel der EZB, in der Coronakrise die Finanzierungskonditionen für die Euro-Wirtschaft günstig zu halten. Viele Euro-Hüter hatten vor der Entwicklung gewarnt und eine geldpolitische Reaktion avisiert. Andere hatten sich zurückhaltender geäußert. Die PEPP-Käufe waren zuletzt sogar tendenziell geringer ausgefallen als zuvor.

Am Donnerstag nun warnte der EZB-Rat, höhere Anleiherenditen „könnten zu einer verfrühten Verschärfung der Finanzierungsbedingungen für alle Sektoren der Wirtschaft führen“, was „unerwünscht“ wäre. EZB-Präsidentin Christine Lagarde fügte hinzu, es habe im Rat einen „totalen Konsens am Tisch“ über die Notwendigkeit einer signifikanten Erhöhung der Käufe gegeben.

„Der EZB-Rat geht davon aus, dass die Ankäufe im Rahmen des PEPP während des nächsten Quartals deutlich umfangreicher ausfallen werden als während der ersten Monate dieses Jahres“, erklärte Lagarde im Namen des Rats. Konkrete Zahlen nannte sie aber nicht. Bislang hat das Eurosystem aus EZB und den nationalen Zentralbanken 2021 bei PEPP pro Woche im Schnitt rund 14 Mrd. Euro in Wertpapiere investiert.

Das Gesamtvolumen von PEPP von 1,85 Bill. Euro bis März 2022 bleibt von der Entscheidung unberührt. Einige Notenbanker hatten mit einer neuerlichen Erhöhung geliebäugelt. Tatsächlich hielt der Rat aber sogar an seiner Aussage fest, dass die 1,85 Bill. Euro nicht komplett ausgegeben werden müssten, wenn es auch mit weniger Geld gelingen sollte, die Finanzierungsbedingungen günstig zu halten. Das dürfte genau wie die zeitliche Begrenzung des erhöhten Kauftempos ein Entgegenkommen gegenüber den Hardlinern („Falken“) im Rat sein, während die verstärkten Käufe ein Erfolg für die „Tauben“ sind. Insbesondere EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta hatte ein entschlossenes Eingreifen gefordert und sich dabei eines Songtitels des Elektromusik-Duos Daft Punk bedient: „Harder, better, faster, stronger“ (Härter, besser, schneller, stärker).

Dass die EZB trotz der vielen verbalen Interventionen in den vergangenen knapp zwei Wochen bislang das Kauftempo noch nicht erhöht hatte, begründete Lagarde damit, dass dies eine Entscheidung sei, die die geldpolitische Ausrichtung betreffe. Das sei Sache des EZB-Rats. Die vierteljährigen EZB-Projektionen seien bei der Beurteilung, ob die Finanzierungsbedingungen noch günstig genug seien, hilfreich. Einige Beobachter erklärten daraufhin, dass es problematisch sein könnte, wenn dadurch bei Bedarf eine zeitige Reaktion unmöglich gemacht werde.

Mit Blick auf die Wirtschaft erwartet der Rat weiter eine „starke Erholung“ im Jahresverlauf. Die Unsicherheit wegen der Pandemie sei aber groß, wenngleich die Risiken ausgewogener geworden seien. Zugleich erwartet der Rat deutlich mehr Inflation als bislang prognostiziert. Die EZB-Volkswirte hoben ihre Prognose für 2021 von 1,0% auf 1,5% an (siehe Grafik). Die Euro-Hüter sehen das aber als temporäre Entwicklung. 2023 sehen sie die Inflation mit 1,4% weiterhin deutlich unterhalb ihres Inflationsziels von knapp 2%.