Geldpolitik

EZB-Umfrage nährt Sorge um Inflations­erwartungen

Die EZB treibt die Sorge um, dass sich wegen der hohen Inflation die Inflationserwartungen vom 2-Prozent-Ziel lösen und sich die Teuerung so verfestigt. Eine neue Umfrage schürt diese Bedenken nun – kurz vor der EZB-Sitzung nächste Woche.

EZB-Umfrage nährt Sorge um Inflations­erwartungen

ms Frankfurt

Unmittelbar vor der wegweisenden EZB-Zinssitzung am 15. Dezember zeigt eine neue EZB-Umfrage, dass die Verbraucher im Euroraum auch auf Sicht von drei Jahren eine Inflationsrate erwarten, die merklich oberhalb des Preisziels der EZB liegt – was die Sorgen der Euro-Währungshüter hinsichtlich der Inflationserwartungen in der Eurozone schüren dürfte. Laut dem am Mittwoch veröffentlichten Consumer Expectations Survey (CES) der Europäischen Zentralbank (EZB) für Oktober erwarten die Konsumenten die Teuerung in drei Jahren im Median immer noch bei 3,0%. Im Mittelwert legte die Schätzung sogar noch einmal leicht auf 4,9% zu. Die EZB strebt mittelfristig 2,0% an.

Die Inflationserwartungen stehen derzeit im besonderen Fokus der EZB, weil sie die Sorge hat, dass die hartnäckig hohe Teuerung dazu führt, dass sich die Inflationserwartungen vom 2-Prozent-Ziel lösen („entankern“) und eine gefährliche Lohn-Preis-Spirale in Gang kommt. Die Inflation im Euroraum ist zwar im No­vember überraschend deutlich vom Rekordhoch bei 10,6% auf 10,0% zurückgegangen. Sie liegt damit aber immer noch fünfmal so hoch wie das EZB-Ziel. Viele Euro-Notenbanker sorgen sich über einen Vertrauensverlust der EZB und eine Verfestigung der hohen Inflation.

Die EZB steht nächste Woche vor zwei zentralen Entscheidungen. Einerseits muss sie über die Höhe des nächsten Zinsschritts und damit auch darüber entscheiden, was sie für das Jahr 2023 signalisiert. Seit Juli hat sie ihre Schlüsselsätze um 200 Basispunkte erhöht – so aggressiv wie nie. Der aktuell wichtige Einlagenzins liegt nun bei 1,5%. Andererseits hat sie avisiert, Grundprinzipien zum Abbau der durch die Anleihekäufe aufgeblähten EZB-Bilanz festzulegen. Die Hardliner im EZB-Rat, die „Falken“, dringen zudem auf einen raschen Beginn des Bilanzabbaus, noch im ersten Quartal 2023. Die „Tauben“ mahnen dagegen wegen der Rezessionsgefahr zur Vorsicht.

Die neue EZB-Umfrage nährt nun tendenziell Sorgen über eine Entankerung der Inflationserwartungen. Auf Sicht von zwölf Monaten sehen die Konsumenten die Inflation im Median bei 5,4% und im Mittelwert bei 8,1%. Beide Prognosen liegen noch einmal deutlich höher als im September (5,1% und 7,3%). Auf Sicht von drei Jahren liegt der Mittelwert mit 4,9% noch einmal 0,1 Punkte höher als im September, während der Median von 3,0% unverändert ist. Die „Falken“ könnten das als Argument nutzen, dass die bisherigen Zinserhöhungen das Vertrauen der Menschen in eine zeitnahe Rückkehr zum 2-Prozent-Ziel noch nicht gestärkt hätten und deswegen weitere entschlossene Schritte nötig seien.

Zugleich fallen aber die Erwartungen für die wirtschaftliche Entwicklung erneut pessimistischer als im Vormonat aus. So gehen die Befragten auf Sicht von einem Jahr im Mittel von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 2,6% aus. Bisher hatten sie ein Minus von 2,4% erwartet. Gleichzeitig sehen die Verbraucher einen noch stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit als bisher. Sie erwarten auf Sicht von einem Jahr eine Arbeitslosenquote von 12,5%. Im Oktober war die Quote auf ein Rekordtief von 6,5% gefallen.

Bislang hat sich die Euro-Wirtschaft gegenüber der Belastung durch den Ukraine-Krieg und die hohe Inflation sehr viel besser behauptet als zunächst gedacht. Im dritten Quartal legte sie nun sogar um 0,3% zu – und damit noch einmal etwas stärker als um die zu­nächst geschätzten 0,2% (siehe Text oben auf dieser Seite). Zugleich steigt aber die Wahrscheinlichkeit einer Rezession im Euroraum, wenngleich zumindest die Angst vor einem schweren Wirtschaftseinbruch zu­letzt etwas nachgelassen hat.

Projektionen im Fokus

Mit besonderer Spannung werden nun auch die neuen Projektionen für Wachstum und Inflation erwartet, die die EZB-Volkswirte zur Zinssitzung nächste Woche vorlegen. Ganz besonders im Fokus sind dabei die erstmalig zur Veröffentlichung anstehenden Projektionen für das Jahr 2025. In den September-Projektionen hatten die Ökonomen auch für 2024 im Durchschnitt noch 2,3% Inflation prognostiziert und damit ein weiteres Verfehlen des 2-Prozent-Inflationsziels.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.