Geldpolitik

EZB untermauert Entschlossenheit

Angesichts des deutlichen Rückgangs der Euro-Inflation Ende 2022 haben Spekulationen zugenommen, dass die EZB künftig weniger aggressiv vorgehen könnte als avisiert. Führende Euro-Notenbanker widersprechen.

EZB untermauert Entschlossenheit

ms Frankfurt

EZB-Präsidentin Christine Lagarde und EZB-Ratsmitglied Klaas Knot haben die Bereitschaft der Europäischen Zentralbank (EZB) untermauert, die Leitzinsen im Euroraum weiter und auch noch deutlich anzuheben. Beide äußerten sich am Donnerstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Sie stemmten sich dort auch in ungewöhnlich offener und deutlicher Form gegen zunehmende Spekulationen an den Märkten, dass die EZB die Zinsen doch nicht mehr so stark anhebt wie avisiert und womöglich sogar bald schon wieder senkt. Auch das am Donnerstag veröffentlichte Protokoll der Dezember-Sitzung spricht eher für weitere, signifikante Zinsschritte.

„Inflation viel zu hoch“

Nach der beispiellosen Zinsstraffung um 250 Basispunkte seit Juli hatte Lagarde Mitte Dezember signalisiert, dass bei den nächsten Zinssitzungen im Februar und März weitere Zinserhöhungen um jeweils 50 Basispunkte anstehen könnten. Angesichts des deutlichen Rückgangs der Euro-Inflation Ende 2022 haben aber Spekulationen zugenommen, dass die EZB weniger aggressiv vorgehen könnte – zumal die Euro-Wirtschaft deutlich an Schwung verloren hat. Die Inflation liegt mit 9,2% im Dezember aber immer noch weit oberhalb des EZB-Ziels von 2%.

„Die Inflation ist auf jeden Fall viel zu hoch, egal wie man sie betrachtet“, sagte Lagarde nun in Davos. „Wir werden den Kurs so lange beibehalten, bis wir uns lange genug im restriktiven Bereich bewegt haben, um die Inflation rechtzeitig wieder auf 2% zurückzubringen.“ Unter einem restriktiven Niveau verstehen Volkswirte ein Zinsniveau, mit dem eine Volkswirtschaft gebremst wird. Zudem sagte Lagarde auf die Frage, warum die EZB die Finanzmärkte nicht überzeugen könne: „Ich würde diesen nahelegen, ihre Position zu überdenken. Ich denke, sie wären gut beraten, das zu tun.“ Eine solche klare Botschaft an die Marktteilnehmer ist für führende Notenbanker sehr ungewöhnlich.

Der niederländische Zentralbankchef Knot äußerte sich am Donnerstag sehr ähnlich. „Ich denke, dass wir mindestens noch bis zur Mitte des Jahres im Straffungsmodus sein werden“, sagte er in Davos dem TV-Sender CNBC. Die EZB habe bewusst mehrere Schritte nach oben um jeweils 50 Basispunkte für die kommenden Monate in Aussicht gestellt. „Den größten Teil des Weges, den wir zurücklegen müssen, werden wir in einem konstanten Tempo von mehreren Erhöhungen um 50 Basispunkte zurücklegen“, sagte Knot. Wo dieses Schritttempo enden werde, könne er im Voraus nicht sagen. Aber auch er sprach sich klar gegen die jüngsten Marktspekulationen aus. Die Finanzmärkte schätzten die künftigen Zinserhöhungen möglicherweise nicht angemessen ein. Die Marktentwicklungen, die er in den vergangenen zwei Wochen gesehen habe, seien nicht unbedingt willkommen, sagte Knot. „Ich glaube nicht, dass sie mit einer rechtzeitigen Rückkehr der Inflation in Richtung 2% vereinbar sind.“

Bereits am Donnerstag hatte auch der französische Zentralbankchef François Villeroy de Galhau in Davos gesagt, dass die Ankündigungen von Lagarde von Mitte Dezember weiter Gültigkeit besäßen (vgl. BZ vom 19. Januar). Villeroy de Galhau gilt eher als „Taube“ im EZB-Rat, also nicht als geldpolitischer Hardliner. Aus Sicht der Notenbanker ist es ein Problem, wenn die Finanzmärkte zu wenig Zinserhöhungen einpreisen, weil sich dadurch die Finanzierungsbedingungen lockern – was die geldpolitische Straffung mindestens zum Teil konterkariert.

Auf weitere deutliche Zinserhöhungen deutete am Donnerstag auch das Protokoll der Dezember-Sitzung. Demnach hatte bei dem Treffen eine „große Zahl“ von Ratsmitgliedern zunächst eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte bevorzugt und nicht den moderateren 50-Basispunkte-Schritt, den Chefvolkswirt Philip Lane empfahl und auf den sich die Notenbanker letztlich einigten. „Die EZB ist mit ihrem Zinserhöhungszyklus noch lange nicht am Ende“, sagte Carsten Brzeski, Global Head of Macro bei der ING, am Donnerstag.

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