ExklusivEZB-Deka-Zinskompass

EZB vor letzter unstrittiger Zinssenkung

Eine Zinssenkung der EZB um 25 Basispunkte am Donnerstag gilt als sicher. Den Autopiloten für weitere Lockerungen könnte die Notenbank jedoch abstellen.

EZB vor letzter unstrittiger Zinssenkung

EZB vor letzter unstrittiger Zinssenkung

Notenbank könnte Kommunikation anpassen – Neue Projektionen – Zinskompass mahnt zur Vorsicht bei weiterer Lockerung der Geldpolitik

mpi Frankfurt

Ein letztes Mal dürfte die EZB am Donnerstag in diesem Zinszyklus eine unstrittige Lockerung um 25 Basispunkte verkünden. Danach wird es im EZB-Rat kontroverser sein, ob noch Bedarf an zusätzlichen Zinssenkungen besteht. Und auch der EZB-Deka-Zinskompass, der exklusiv vor jeder geldpolitischen Sitzung in der Börsen-Zeitung erscheint, mahnt zur Vorsicht bei der weiteren Lockerung der Geldpolitik. So ist unter anderem die Inflationssäule des Zinskompasses nach oben geschnellt und signalisiert damit einen erhöhten Inflationsdruck.

Die EZB präsentiert am Donnerstag neue Projektionen zu Inflation und Wirtschaftswachstum. Äußerungen diverser Ratsmitglieder deuten darauf hin, dass die Notenbank nach wie vor davon überzeugt ist, ihr Inflationsziel von 2% im Laufe dieses Jahres nachhaltig zu erreichen. Im Februar hat sich die Teuerung nach einer vorläufigen Schätzung von Eurostat von 2,5 auf 2,4% abgeschwächt. Ökonomen hatten allerdings mit einem Rückgang auf 2,3% gerechnet.

Frage der Erwartungshaltung

„Bei dieser Ratssitzung kommt es vor allem darauf an, welche Erwartungshaltung die Notenbanker für die nächsten Monate schaffen“, sagt Kristian Tödtmann, Leiter Geldpolitik und Kapitalmärkte bei der DekaBank. Diskussionen dürfte es bei den Notenbankern unter anderem darüber geben, ob sie in der Stellungnahme zum Zinsentscheid die Geldpolitik weiterhin als restriktiv bezeichnen. EZB-Direktorin Isabel Schnabel hatte jüngst bereits Zweifel geäußert, ob dies noch der Fall ist. Auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel und sein belgischer Amtskollege Pierre Wunsch sind der Ansicht, dass das neutrale Zinsniveau nach der Lockerung am Donnerstag möglicherweise erreicht sein könnte.

Sollte die Europäische Zentralbank in ihrer Stellungnahme den Passus streichen, dass die Geldpolitik ihrer Ansicht nach weiterhin restriktiv wirkt, würde dies laut Tödtmann nicht bedeuten, dass damit automatisch auch das Ende der Zinssenkungen erreicht ist. „Die EZB würde vielmehr zu verstehen geben, dass ihre Entscheidungen ab April offen sind.“ Der aktuelle Autopilot für Zinssenkungen wäre damit abgeschaltet.

Ob noch weitere Zinssenkungen angebracht sind, sollte die EZB nach Ansicht von Tödtmann insbesondere von Indikatoren abhängig machen, „die den Restriktionsgrad der Geldpolitik widerspiegeln“. Dazu zählt der Ökonom etwa die Ergebnisse des vierteljährlichen Bank Lending Surveys. Neue Umfrageergebnisse stehen im April an.

Hohe Flexibilität

Sollten sich die Anzeichen verdichten, dass die Geldpolitik die wirtschaftliche Aktivität nicht länger ausbremst, hält Tödtmann eine Zinspause für vertretbar. „Es wäre dann kein übermäßig großes Risiko für die EZB, mit der Senkung der Leitzinsen zu pausieren und sich etwas mehr Zeit zu nehmen, um sowohl den Inflationsausblick als auch die Wirkung der bereits gelockerten Geldpolitik einzuschätzen.“

Zudem würde die EZB, wenn sie den Passus in der Stellungnahme anpasst, laut Tödtmann keine Optionen verlieren. „Sollten die Abwärtsrisiken des wirtschaftlichen Ausblicks eintreten und ein Unterschreiten des Inflationsziels drohen, würde nichts dagegen sprechen, die Leitzinsen schneller und bis in den expansiven Bereich zu senken“, sagt der Ökonom etwa in Hinblick auf einen Zollkrieg zwischen den USA und der EU.

An den Finanzmärkten wird davon ausgegangen, dass die EZB den Einlagensatz von derzeit 2,75% bis zum Jahresende auf mindestens 2% senkt. Dies steht im Einklang mit Äußerungen von mehreren EZB-Ratsmitgliedern, die anders als Schnabel, Wunsch oder Nagel das neutrale Zinsniveau bei rund 2% verorten.

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